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Klinikqualität: Prostatakrebs-Op unter der Lupe

Die aktuelle Auswertung des AOK-Verfahrens zur Qualitätssicherung mit Routinedaten zeigt: Bei Operationen zur Entfernung der Prostata liegen die Komplikationsraten zwischen 6 und 23 Prozent.

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Ärztin spricht im Krankenzimmer mit einem älteren Patienten im Krankenhausbett.
iStock.com/Anchiy

QSR-Daten offenbaren deutliche Unterschiede in der Behandlungsqualität

Die neuen QSR-Ergebnisse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigen, wie stark die Behandlungsqualität in der Urologie schwankt – und wie viele Komplikationen durch gezielte Steuerung vermeidbar wären. Das WIdO hat im Herbst 2025 neue Ergebnisse seines Programms „Qualitätssicherung mit Routinedaten“ (QSR) veröffentlicht. Besonders bei der radikalen Prostatektomie, also der vollständigen Entfernung der Prostata bei Krebs, offenbaren sich große Unterschiede in der Versorgungsqualität.

Die Analyse beruht auf rund 17.600 Operationen von AOK-Versicherten aus den Jahren 2021 bis 2023 in 189 Kliniken. Ein Jahr lang wurden Patienten nachverfolgt, um auch spätere Komplikationen zu erfassen. Die Spannweite der Ergebnisse ist deutlich: In den 20 Prozent der Kliniken mit überdurchschnittlicher Qualität lag die Komplikationsrate bei 6,4 Prozent, in den schwächsten Häusern bei 23 Prozent. Bewertet wurden unter anderem Bluttransfusionen innerhalb von 30 Tagen nach der Operation als Hinweis auf stärkere Nachblutungen (2,9 Prozent der Fälle), ungeplante Folgeoperationen innerhalb eines Jahres (6,8 Prozent) sowie sonstige schwere Komplikationen wie Sepsis oder Nierenversagen (5,6 Prozent).

WIdO-Modell zeigt Potenzial für mehr Patientensicherheit

Bei der radikalen Prostatektomie handelt es sich um einen der häufigsten onkologischen Eingriffe bei Männern. Rund 34.700 solcher Operationen wurden allein im Jahr 2024 bundesweit durchgeführt. Der Eingriff gilt als Standardtherapie, wenn der Tumor auf die Prostata begrenzt ist. Trotz technischer Fortschritte – etwa bei roboterassistierten Verfahren – bleibt die Operation mit Risiken verbunden. Nachblutungen, Infektionen und Komplikationen an den Harnwegen zählen zu den häufigsten Problemen. Umso wichtiger ist es, dass Krankenhäuser ihre Ergebnisse kontinuierlich überprüfen und offenlegen.

Eine WIdO-Modellrechnung zeigt zudem: Wenn alle rund 3.200 Eingriffe, die in Kliniken mit unterdurchschnittlicher Qualität durchgeführt wurden, in überdurchschnittlich abschneidenden Häusern erfolgt wären, hätten rund 480 Komplikationsfälle vermieden werden können. „Diese Berechnung zeigt, wie viel Leid und Folgekosten sich durch eine gezielte Steuerung der Patienten in die besten Kliniken vermeiden ließen“, sagte AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann. „Gerade bei planbaren Eingriffen wie der Prostatektomie können sich Patienten im Vorfeld informieren, welche Häuser die besten Ergebnisse erzielen.“

Gesundheitsnavigator hilft bei der Klinikwahl

Für Patienten werden die Resultate im AOK-Gesundheitsnavigator veröffentlicht. Kliniken erhalten je nach Ergebnis ein bis drei grüne „Lebensbäume“. Drei Lebensbäume stehen für überdurchschnittliche, einer für unterdurchschnittliche Qualität. Grundlage sind anonymisierte Abrechnungsdaten, die Alter, Begleiterkrankungen und andere Risikofaktoren berücksichtigen, um faire Vergleiche zu ermöglichen. „Derart valide Informationen zur Behandlungsqualität bietet aktuell weder der Bundes-Klinik-Atlas, geschweige denn das Deutsche Krankenhausverzeichnis“, so Reimann. Der AOK-Bundesverband will das Verfahren künftig weiter ausbauen, um auch weitere chirurgische und internistische Behandlungsfelder einzubeziehen.

Die QSR-Methode nutzt die Abrechnungsdaten der Krankenkassen, um Behandlungsverläufe über den stationären Aufenthalt hinaus zu beobachten. Damit wird sichtbar, ob Patienten auch Wochen oder Monate nach einer Operation erneut behandelt werden müssen – ein Aspekt, der in klassischen Qualitätsberichten fehlt. Das Verfahren wurde in enger Zusammenarbeit mit Fachärztinnen und Fachärzten entwickelt und ist inzwischen ein zentraler Bestandteil des deutschen Qualitätsdiskurses im Gesundheitswesen. Aussagen zu funktionellen Ergebnissen wie Kontinenz oder Potenz lassen sich allerdings mangels verlässlicher Daten nicht treffen.

Vorteil für zertifizierte Prostatakrebszentren

Ein weiteres Qualitätsmerkmal, das im Gesundheitsnavigator der AOK angezeigt wird, ist die Zertifizierung als Prostatakrebszentrum durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG). Frühere Studien wie „WiZen“ zeigen, dass Patienten in DKG-zertifizierten Zentren bessere Überlebenschancen haben.

Neben der Prostatektomie wurden QSR-Daten zu zwölf weiteren Eingriffen freigeschaltet, darunter Hüft- und Knieendoprothetik, Gallenblasen- und Leistenbruchoperationen, Herzkatheter- und Aortenklappen-Implantationen.

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Die neuen QSR-Ergebnisse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigen, wie stark die Behandlungsqualität in der Urologie schwankt – und wie viele Komplikationen durch gezielte Steuerung vermeidbar wären.

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