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Behandlung

Das DMP Osteoporose beinhaltet differenzierte Empfehlungen für die spezifische medikamentöse Therapie der Osteoporose bei Männern sowie bei Frauen nach der Menopause, Anforderungen an das Monitoring, Patientenschulungen, die Ermittlung des Sturzrisikos und das Angebot von Funktionstraining oder Rehabilitationssport.

  • Vermeidung von Frakturen, auch durch Vermeidung von Stürzen, 
  • Erhöhung der Lebenserwartung,
  • Verbesserung oder Erhalt der osteoporosebezogenen Lebensqualität, 
  • Verbesserung oder Erhalt einer selbstbestimmten Lebensführung, 
  • Reduktion von Schmerzen, 
  • Verbesserung oder Erhalt von Funktion und Beweglichkeit sowie
  • Verhinderung einer Progredienz. 
  • Aufklärung der Patientinnen und Patienten über die Erkrankung und über Lebensstilinterventionen sowie Information über Therapieoptionen, 
  • gemeinsame Auswahl individuell therapeutischer Maßnahmen in Abhängigkeit von Alter und Begleiterkrankungen und unter Abwägung von Nutzen und Risiken. 

Lebensstil

Allen Patientinnen und Patienten wird empfohlen: 

  • regelmäßige körperliche Aktivität, 
  • Vermeidung von Immobilisation, 
  • Verzicht auf Rauchen, 
  • Reduktion übermäßigen Alkoholkonsums, 
  • Vermeidung von Untergewicht (BMI < 20 kg/m²), 
  • ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr. 

Sturzrisiko & Sturzprophylaxe 

Das Sturzrisiko soll regelmäßig und mit standardisierten Tests erhoben werden (etwa Timed „up & go“-Test, Chair-Rising-Test, Tandem-Stand-Test). Bei über 70-Jährigen ist dies im Rahmen des Geriatrischen Basisassessments möglich. 

Bedeutung von Bewegung und Training:

Die Ärztin oder der Arzt sollen regelmäßig auf die Bedeutung von körperlichen Aktivitäten hinweisen und die Teilnahme an individuell geeigneten Trainingsmaßnahmen empfehlen und dazu motivieren. Körperliche Aktivität umfasst:

  • Bewegung im Alltag (etwa Treppensteigen oder Radfahren),
  • körperliches Training in Form von Sport (etwa Funktionstraining oder Rehabilitationssport; kann die Lebensqualität erhöhen oder die Morbidität verringern sowie frakturbegünstigende Faktoren positiv beeinflussen). 

Maßnahmen zur Reduktion des Sturzrisikos:

  • leichtes Kraft-, Ausdauer- oder Gleichgewichtstraining (Funktionstraining, Rehabilitationssport – Funktionstraining oder Reha-Sport besser als eine langfristige (passive) Physiotherapie, 
  • bei ausreichender Sicherheit der Patientin oder des Patienten: Trockengymnastik, etwa im Rahmen des Funktionstrainings, 
  • bei ausgeprägter Sturzangst oder teilweiser Immobilisation: Wassergymnastik möglich, 
  • Eigenübungen (etwa Treppensteigen, Walking oder Jogging), Balancetraining oder Tai-Chi. 

Maßnahmen bei erhöhtem Sturzrisiko: 

  • im Fokus: Förderung von Koordination, Reaktionsfähigkeit, Gleichgewicht, Kraftsteigerung und Reduktion der Sturzangst, 
  • Beratung zur Reduktion von Sturzrisiken, 
  • regelmäßige Überprüfung der Indikation sturzfördernder Medikamente. 

Maßnahmen zum Erhalt der Knochendichte:

  • positiver Effekt auf die Knochendichte mit resultierender Frakturreduktion nur durch regelmäßig durchgeführtes Widerstandstraining (High-Impact-Training/Krafttraining) erreichbar,
  • Voraussetzung: ausreichende körperliche Belastungsfähigkeit. 

Heil- und Hilfsmittel 

Bei Bedarf Beratung über zweckmäßige Heil- und Hilfsmittelversorgung, beispielsweise: 

  • Physiotherapie, um Patientinnen und Patienten nach einer Fraktur oder Immobilisierung zu mobilisieren, 
  • wirbelsäulenaufrichtende Orthese bei einer Wirbelkörperfraktur oder einer deutlichen Kyphosierung, um eine schmerzarme Mobilisation zu ermöglichen.

Medikamentöse Therapie soll allen Patientinnen und Patienten angeboten werden, wobei geschlechterspezifische Anforderungen bei Menschen mit unbestimmtem oder diversem Geschlecht zu berücksichtigen sind.

Faktoren für die individuelle Auswahl der Medikamente:

  • Neben- und Zusatzwirkungen,
  • Komorbiditäten,
  • Wirkungsdauer auch nach Absetzen des Präparates,
  • Einnahmemodalität,
  • Patientenpräferenzen und
  • Zulassungsstatus. 

Folgende antiresorptive und osteoanabole Therapien stehen zur Verfügung:

Wirkstoffklasse

Zielgruppenspezifische Indikation

Wirkdauer

Antiresorptive Therapie

Bisphosphonate:

Alendronat (oral), Risedronat (oral),

Zoledronat (i. v.) 

Ibandronat (oral/i. v.)

Männer und postmenopausale Frauen

postmenopausale Frauen

auch nach Therapieende anhaltend

Denosumab (s. c.)

Männer und postmenopausale Frauen

nach Beendigung der Therapie schnell reversibel 

Selektiver Östrogenrezeptor-Modulator (SERM):

Raloxifen (oral)

postmenopausale Frauen

nach Beendigung der Therapie schnell reversibel 

Osteoanabole Therapie

Teriparatid (oral)

Männer und postmenopausale Frauen

  • Alendronat, Risedronat, Zoledronat: Reduktion von Wirbelkörperfrakturen, peripheren und Hüftfrakturen, 
  • Ibandronat: Reduktion von Wirbelkörperfrakturen; kein Nachweis für die Reduktion von Hüftfrakturen, 
  • Denosumab: Reduktion des Risikos von Wirbelkörper-, peripheren und Hüftfrakturen, 
  • Raloxifen: Risikoreduktion von Wirbelkörperfrakturen, nicht jedoch von peripheren oder Hüftfrakturen; erhebliche Risikoreduktion für das Auftreten von östrogenrezeptor-positiven Mammakarzinomen: erfordert Abwägen des individuellen Brustkrebsrisikos gegenüber den thromboembolischen Risiken unter Raloxifen, 
  • Teriparatid: Reduktion des Risikos von Wirbelkörper- und peripheren Frakturen. 
  • Bei Frauen mit einer Hormonersatztherapie (HRT) mit Östrogenen und Gestagenen oder nur mit Östrogenen (nach Gebärmutterentfernung) ist in der Regel keine zusätzliche osteoporosespezifische Therapie erforderlich. 
  • Bei systemischer Glukokortikoid-Langzeittherapie stehen für postmenopausale Frauen und für Männer Alendronat, Zoledronat, Denosumab und Teriparatid und nur für postmenopausale Frauen zusätzlich Risedronat zur Verfügung. 
  • Bei antiresorptiver Therapie sollte aufgrund des potentiellen Risikos einer Kiefernekrose regelmäßig jährlich eine zahnärztliche Kontrolle erfolgen. Vor Beginn einer Therapie mit Bisphosphonaten und Denosumab ist bei begleitenden Risikofaktoren eine zahnärztliche Untersuchung mit präventiver Zahnbehandlung sinnvoll.

Bei dauerhafter Verordnung von ≥ 5 Arzneimitteln strukturiertes Medikamentenmanagement:

  • anlassbezogen; mindestens jährlich Erfassung sämtlicher tatsächlich eingenommener Arzneimittel, einschließlich der Selbstmedikation, mit möglichen Nebenwirkungen und Interaktionen, um Therapieänderungen frühzeitig vornehmen zu können, 
  • eventuell Prüfung der Indikation für die einzelnen Verordnungen in Rücksprache mit den an der Behandlung Beteiligten durch die koordinierende Ärztin oder den koordinierenden Arzt; gegebenenfalls Priorisierung und Verzicht auf bestimmte Medikamente, 
  • Hinweis auf den Anspruch auf einen Medikationsplan
  • bei Verordnung von renal eliminierten Arzneimitteln bei Patientinnen und Patienten ab 65 Jahren mindestens jährlich Nierenfunktion überwachen (Glomeruläre Filtrationsrate, eGFR); bei Einschränkung Anpassung der Dosierung sowie gegebenenfalls des Untersuchungsintervalls.
  • in der Regel mindestens über 3 Jahre, in Abhängigkeit vom individuellen Frakturrisiko auch lebenslang möglich,
  • nach 3 bis 5 Jahren Reevaluation hinsichtlich Nutzen und Risiko. 

Nicht-Ansprechen

  • bei Abfall der Knochendichte ≥ 5 % unter einer Therapie mit Bisphosphonaten, Denosumab oder Raloxifen oder ≥ 2 osteoporotische Frakturen innerhalb von 3 Jahren Therapieversagen wahrscheinlich, 
  • in diesem Fall Gründe prüfen (schlechte Adhärenz oder Resorption, Änderung der Risikokonstellation?); bei Bedarf Umstellung auf andere Medikation,
  • Entscheidung auf Basis des aktuellen individuelle Frakturrisikos, der Ausgangsknochendichte, von Komorbiditäten und deren medikamentöser Behandlung sowie Lebensstilfaktoren.

Wirkdauer 

  • Bisphosphonate: frakturreduzierende Wirkung nach Therapieende noch mindestens 12 Monate anhaltend, 
  • Denosumab: positive Effekt auf die Knochenmasse sowie die Frakturreduktion bei Beendigung schnell rückläufig, daher nachfolgend Gabe eines Bisphosphonats, 
  • Teriparatid: Therapie auf 24 Monate begrenzt; bei Beendigung antiresorptive Erhaltungstherapie anschließen.

Kalzium:

  • Zufuhr von 1.000 mg Kalzium täglich mit der Nahrung 
  • Abschätzung der Kalziumzufuhr durch die Patientin oder den Patienten mithilfe des Kalziumrechners des IQWiG ➔gesundheitsinformation.de/kalziumrechner/
  • Supplementierung nur, wenn die empfohlene Menge mit der Nahrung nicht erreicht wird; aufgrund des Risikos von Hypokalzämien unter einer antiresorptiven Therapie, insbesondere bei Anwendung von parenteralen Antiresorptiva, besonders wichtig! 

Vitamin D:

  • Zufuhr von 800 bis 1.000 Einheiten Vitamin D täglich,
  • Supplementierung, wenn diese Menge mit der Ernährung nicht erreicht werden kann. 

alle 3 bis 6 Monate klinische Kontrollen (Verträglichkeit, Frakturen). 

  • Sturzanamnese, 
  • Erfassung von Frakturen oder klinischen Hinweisen darauf, 
  • Abschätzung der Kalzium- und Vitamin D-Zufuhr, 
  • Motivation zu regelmäßigem körperlichem Training sowie zur Fortführung der Lebensstilinterventionen, 
  • bei postmenopausalen Frauen: Frage nach Hormonersatztherapie, 
  • strukturiertes Medikamentenmanagement, 
  • Überprüfung der Adhärenz (insbesondere auch Einnahmemodalitäten bei Bisphosphonaten) und 
  • Erfassung von Nebenwirkungen. 

Wiederholung frühestens nach 5 Jahren, möglichst mit demselben Gerät.