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Versorgungsqualität in Pflegeheimen: Viel Luft nach oben

Fehlende Prophylaxe und Prävention, kritische Arzneimittelversorgung und vermeidbare Krankenhausaufenthalte: Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat Daten zu Versorgungsthemen für pflegebedürftige Menschen vorgelegt.

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Ältere Frau mit kurzen weißen Haaren und Brille lächelt leicht, sitzt vor einer weißen Wand
iStock.com/AndreasReh

Datenbasis der WIdO-Analyse

Für seine aktuelle Analyse hat das WIdO Angaben von rund 350.000 Pflegeheimbewohnern ab 60 Jahren analysiert. Das entspricht knapp der Hälfte aller stationär versorgten Pflegebedürftigen in Deutschland. Aufbereitet wurden die Kennzahlen für das Online-Portal Qualitätsatlas Pflege. Dort sind die Ergebnisse für die Bundesländer und für die rund 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland dargestellt.

Mit den sogenannten QCare-Indikatoren werden kritische Ereignisse in der pflegerischen, ärztlichen und therapeutischen Versorgung in Pflegeheimen in Deutschland erfasst. Nach der ersten Veröffentlichung vor zwei Jahren zeichnen die aktuellen Auswertungen für die Datenjahre 2022 und 2023 ein ernüchterndes Bild: Bei den Indikatoren lassen sich kaum Verbesserungen erkennen.

Dauerverordnung von Beruhigungsmitteln

Ein bundesweites Problem ist laut WIdO etwa die Dauerverordnung von Beruhigungs- und Schlafmitteln bei Pflegeheimbewohnern: So erhielten in Deutschland 7,14 Prozent von ihnen im Jahr 2023 eine Dauerverordnung von Benzodiazepinen, Benzodiazepin-Derivaten und Z-Substanzen. 

„In Deutschland zählen diese Wirkstoffe zu den häufigsten potenziell inadäquat verschriebenen Medikamenten für ältere Menschen“, betont Susann Behrendt, Forschungsbereichsleiterin Pflege im WIdO (siehe Interview). Bislang stelle man nur einen geringen bundesweiten Rückgang fest.

Regionale Unterschiede bei der Qualität

Regional zeigen sich erhebliche Abweichungen: So war der Verordnungsanteil im Saarland 2023 mit 15,88 Prozent doppelt so hoch wie im bundesweiten Schnitt. Auch Nordrhein-Westfalen (12,15 Prozent) und Baden-Württemberg (9,07 Prozent) zählen zum Spitzenfeld bei problematischen Dauerverordnungen. Den geringsten Wert zeigt Sachsen-Anhalt – hier lag der Verordnungsanteil bei nur 2,90 Prozent.

Klare Auffälligkeiten in der Versorgungsqualität zeigen sich auch an der Schnittstelle zur ambulant-ärztlichen Versorgung: So haben bundesweit 79,15 Prozent der an Diabetes erkrankten Pflegeheimbewohnenden 2023 keine augenärztliche Vorsorge erhalten. Dabei sehen die medizinischen Leitlinien eine regelmäßige Kontrolle der Augen vor, um rechtzeitig Veränderungen der Netzhaut zu erkennen.

Sturzbedingte Krankenhausaufenthalte

Der Qualitätsatlas Pflege beleuchtet auch sturzbedingte Krankenhausaufenthalte bei Pflegeheimbewohnern, die Medikamente erhalten, die die Wahrscheinlichkeit für Stürze erhöhen (sogenannte FRIDs). Durch Einnahme von Antidepressiva, Antipsychotika, Hypnotika/Sedativa oder Benzodiazepinen und Anxiolytika erhöht sich das ohnehin schon hohe Sturzrisiko von betagten, multimorbiden Menschen weiter. 

2023 wurde mit 16,23 Prozent mehr als jede sechste Person, die im Pflegeheim FRIDs erhielt, sturzbedingt im Krankenhaus versorgt. 2017 belief sich der Anteil Betroffener auf 16,09 Prozent. Die regionale Varianz ist auch bei diesem Qualitätsindikator erheblich und reicht von nur 12,99 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern bis zu 18,45 Prozent in Rheinland-Pfalz.

Weitere Indikatoren

Die AOK-Vorstandsvorsitzende Dr. Carola Reimann sagte bei der Vorstellung des Berichts: „Die aktuellen Auswertungen des WIdO zeigen, dass es in vielen Pflegeheimen nach wie vor ernsthafte Versorgungsprobleme gibt. Seit der letzten Analyse haben sich die Ergebnisse kaum verbessert. Damit können die Verantwortlichen vor Ort nicht zufrieden sein, denn es steht die Gesundheit vieler Pflegeheim-Bewohnenden auf dem Spiel.“ 

Neben den genannten Indikatoren werden noch sieben weitere Themen analysiert:

  •  Krankenhauseinweisungen Demenzkranker aufgrund von Flüssigkeitsmangel,
  • vermeidbare Krankenhausaufenthalte am Lebensende,
  • Auftreten eines Dekubitus,
  • Dauerverordnung von Antipsychotika bei Demenz,
  • die gleichzeitige Verordnung von neun oder mehr Wirkstoffen,
  • der Einsatz von für ältere Menschen ungeeigneter Medikation
  • und die Häufigkeit besonders kurzer Krankenhausaufenthalte von bis zu drei Tagen.

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Fehlende Prophylaxe und Prävention, kritische Arzneimittelversorgung und vermeidbare Krankenhausaufenthalte: Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) hat Daten zu Versorgungsthemen für pflegebedürftige Menschen vorgelegt.

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