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Niedersachsen: Kostenübernahme für vertrauliche Beweissicherung bei häuslichen oder sexuellen Gewaltdelikten - MHH, Gesetzliche Krankenkassen und Land schließen Vertrag   

30.08.2023 AOK Niedersachsen 3 Min. Lesedauer

Vertrauliche Spuren- und Beweissicherung bei Opfern von Gewalttaten: Als erstes Bundesland hat Niedersachsen die Finanzierung dieser rechtsmedizinischen Leistungen mit den Gesetzlichen Krankenkassen in einen Vertrag überführt. Damit wird die forensische Spurensicherung durch das Netzwerk ProBeweis ab 1. Januar 2024 eine kassenfinanzierte Leistung nach dem fünften Sozialgesetzbuch. Zudem wird die landesseitige finanzielle Unterstützung vom Netzwerk ProBeweis ebenfalls ab 1. Januar 2024 deutlich verbessert.

Bei häuslicher Gewalt oder sexuellen Übergriffen besteht für die Betroffenen eine hohe Hemmschwelle, ihre Rechte wahrzunehmen und direkt bei der Polizei eine Anzeige zu erstatten. Viele Gewaltopfer können sich erst mit zeitlichem Abstand zur Tat durchringen, Strafanzeige zu stellen. Etwaige Spuren oder Befunde, die für die strafrechtlichen Ermittlungen von Relevanz sind, können dann oft nicht mehr gesichert und dokumentiert werden. Seit 2012 bietet daher das an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) verankerte Netzwerk ProBeweis Betroffenen von häuslicher oder sexueller Gewalt eine verfahrensunabhängige und vertrauliche Spurensicherung an. Mittlerweile verfügt Niedersachsen mit 45 Untersuchungsstellen an 39 Partnerkliniken über ein flächendeckendes Beweissicherungsangebot für Gewaltopfer.

Niedersachsens Gesundheitsminister Dr. Andreas Philippi erklärte im Rahmen der Unterzeichnung: „Wir fördern in unserem Flächenland seit vielen Jahren das Netzwerk ProBeweis, und ich bin sehr froh darüber, dass wir die Leistungen dieses wichtigen Netzwerkes jetzt zu einer echten Kassenleistung machen. Wir haben in Niedersachsen ein Verfahren etabliert, das auf höchsten medizinischen Standards beruht, das rechtssicher ist und gleichzeitig den psychischen und physischen Belastungen von Gewaltopfern Rechnung trägt. Dass dieses Konzept seit über zehn Jahren sehr überzeugend umgesetzt wird - bisher aus den Landesmitteln in Höhe von 310 000 Euro jährlich - ist der entscheidende Punkt bei der Einführung als gesetzliche Kassenleistung. Es ist auch Ausdruck der Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… bei der Spuren- und Befundsicherung, dass wir diese Einigung erzielen konnten. Ich danke der MHH und den Gesetzlichen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… für die konstruktive Zusammenarbeit im Sinne der Gewaltopfer, meistens Frauen.“

Seit 2012 konnten bereits 1.707 vertrauliche Spurensicherungen vorgenommen werden. Bei etwa jedem zweiten Fall geht es um Gewalt im häuslichen Kontext. Etwa fünf Prozent der Untersuchten sind Männer. Etwa 15 bis 20 Prozent führten zu Anzeigen – darunter auch rechtskräftige Verurteilungen. 

Professorin Debertin betonte, dass die Anerkennung der vertraulichen Spurensicherung als Kassenleistung einen Meilenstein im Umgang mit dem Thema häuslicher und sexueller Gewalt darstelle. Niedersachsen profitiere von der Verstetigung der Strukturen vom Netzwerk ProBeweis, auch zur flächendeckenden Umsetzung der sogenannten Istanbul-Konvention.

Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen: „Opferschutz steht an oberster Stelle. Die AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… Niedersachsen hat das wichtige Projekt zur vertraulichen Spurensicherung bereits in seiner Pilotphase gefördert. Wenn rechtsmedizinische Leistungen anonym übernommen und abgerechnet werden, hilft das die Betroffenen nicht zusätzlich zu belasten oder zu gefährden. Dieser Vertrag ist ein Beitrag, Opfer häuslicher und sexualisierter Gewalt zum wichtigen Schritt der Beweissicherung zu ermutigen.“

Die Vertragsvereinbarung zwischen den GKV, der MHH/Netzwerk ProBeweis und dem Land Niedersachsen sieht vor, dass pro behandeltem Fall beziehungsweise erfolgter Spurensicherung 421 Euro netto pauschal an das Netzwerk ProBeweis erstattet werden. Hiervon wird das Netzwerk 200 Euro netto an die jeweilige leistungserbringende Klinik aus dem Netzwerk überweisen.

Bisher konnte das Netzwerk ProBeweis aus den Mitteln des Gesundheitsministeriums lediglich eine Fallpauschale von 50 Euro netto an die Kliniken auszahlen.

Für die gerichtsverwertbare Dokumentation werden die Betroffenen körperlich untersucht, nötigenfalls werden Proben entnommen. Verletzungen werden fotografiert. Alle Befunde werden manipulations- und zugriffssicher aufbewahrt und können im Falle einer Anzeige und Schweigepflichtsentbindung abgefordert und in ein Strafverfahren eingebracht werden.

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Person: Stefanie Ohlendorf, Pressesprecherin AOK Niedersachsen
Pressesprecherin

Stefanie Ohlendorf

AOK Niedersachsen