Blickwinkel Gesundheitssystem

Kommentar: Digitale Fortschritte

18.04.2024 Jürgen Klöckner 3 Min. Lesedauer

Bei der Digitalisierung tut sich endlich was. Doch der Erfolg ist noch längst nicht garantiert, wie Jürgen Klöckner, Korrespondent für Gesundheitspolitik beim Handelsblatt, in seinem Kommentar deutlich macht.

Medizinerin zeigt auf einem sonnenbeschienen Flur einem Mediziner etwas auf einem Tablet. Beide sind von oben zu sehen.
Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens funktioniert, müssen alle an einem Strang ziehen.

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist wie ein Titan, der sich mühsam aus seinem Schlaf erhebt – langsam, schwerfällig und geplagt von vielen Fehlern. Das dürfte in diesem Jahr niemandem beim Arzt oder Apotheker verborgen geblieben sein. Die 500 Millionen Rezepte der Deutschen müssen seit Januar nur noch elektronisch ausgestellt werden. Zwar funktioniert das noch nicht in jedem Fall, aber bei der Mehrheit nach einem holprigen Start schon.

Neustart in der Digitalisierung?

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat also einen Teil seines versprochenen „Neustarts in der Digitalisierung“ eingelöst. Ob dieser aber tatsächlich gelingt, entscheidet sich erst kommendes Jahr. Dann soll die elektronische Patientenakte (ePA) mit zwanzig Jahren Verspätung endlich verpflichtend eingeführt werden.

„Wenn sich Ärzte oder Patienten verweigern, legt sich der Titan wieder schlafen.“

Jürgen Klöckner

Korrespondent für Gesundheitspolitik beim Handelsblatt

Mangel an gesetzlichen Mindeststandards

Porträt von Jürgen Klöckner, Korrespondent für Gesundheitspolitik beim Handelsblatt
Jürgen Klöckner, Korrespondent für Gesundheitspolitik beim Handelsblatt

Einiges muss sich dafür noch ändern. Viel zu oft sind die Praxisverwaltungssysteme der Ärzte noch auf einem alten Stand. In deutschen Praxen gibt es einen undurchsichtigen Dschungel an Systemen, der einen Flaschenhals für die Digitalisierung darstellt. Der Gesetzgeber ist hier noch viel zu zaghaft und wagt sich nicht an die milliardenschwere Industrie heran. Das ist ein Fehler. Er muss dringend gesetzliche Mindeststandards festlegen.

Nur so kann der Start der elektronischen Patientenakte gelingen, der eine viel kompliziertere Operation ist als das E-Rezept. Das Vorhaben ist nicht nur technisch komplizierter, weil in der Akte ganz unterschiedliche Behandlungsdaten gespeichert werden sollen. Es ist auch wesentlich bedeutender für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, denn Wissenschaftler und Pharmafirmen sollen mit den Patientendaten in bislang ungeahnter Weise forschen können.

Wenn sich aber Ärzte oder Patienten verweigern, kann das nicht funktionieren. Dann legt sich der Titan wieder schlafen – wohl auf unbestimmte Zeit.

Mitwirkende des Beitrags

Jürgen Klöckner

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