Hafer, Soja, Mandel & Co.: Wie gesund und nachhaltig sind Milchalternativen?

Sie werden auf Basis von Hafer, Soja, Reis oder Kokosmilch hergestellt und sind beliebte pflanzliche Alternativen zu Kuhmilch. Was in den Milchersatzprodukten steckt und was Kuhmilch zu bieten hat, erklärt Karolin Wagner, Diplom-Ökotrophologin bei der AOK.

Foto: Kleine Schälchen mit Milchähnlichen Flüssigkeiten, davor liegen verschiedene Getrieide, Reis oder Bohnen.

Milchersatzprodukte immer beliebter

Zwölf Prozent der Menschen in Deutschland ernähren sich inzwischen vegetarisch oder vegan. Es gibt viele Gründe, zu pflanzlichen Milchalternativen zu greifen: Vegan-Lebende tun es, ebenso Menschen mit einer Laktose-Intoleranz oder einer Allergie gegen Milcheiweiß. Manche machen es, um das Klima zu schützen oder aus Gründen des Tierwohls, andere wollen einfach mal ausprobieren, wie die veganen Pflanzendrinks schmecken. Hafer, Soja, Mandel, Kokos und Co. werden immer beliebter. Die Absatzzahlen für die Milchersatzprodukte steigen – von 2018 bis 2020 haben sie sich verdoppelt –, während sie für Kuhmilch stetig sinken.

Kuhmilch ist eine Kalziumquelle

Die Pflanzendrinks werden häufig mit Begriffen wie „Natur“, „naturell“ oder „natural“ beworben, doch natürlicher ist die Milch, die aus dem Euter kommt. „Kuhmilch ist reich an Nährstoffen wie hochwertigem Eiweiß, leicht verdaulichem Fett, Kalzium, B-Vitaminen, Jod, Magnesium, Zink. Schließlich soll die Milch ja die Kälber ernähren“, sagt AOK-Ernährungsexpertin Wagner. Milch- und fermentierte Milchprodukte dienen dem Menschen vor allem als Kalziumquelle. Kalzium ist – bei einem optimalen Vitamin-D-Spiegel – wichtig für einen gesunden Knochenaufbau und schützt vor Osteoporose .

Für Babys und Kleinkinder sind Pflanzendrinks zudem wegen fehlender Nährstoffe und weiterer Zusatzstoffe weniger empfehlenswert. Wenn Eltern ein Kind ohne Kuhmilch ernähren wollen, sollten sie eine qualifizierte Ernährungsberatung aufsuchen.

O-Töne von Karolin Wagner, Ernährungsexpertin bei der AOK

Nährstofftabelle genau lesen

Die Drinks aus Soja, Getreide, Nüssen oder Hülsenfrüchten sind hochverarbeitete Lebensmittel und dürfen nicht den Namen „Milch“ tragen. Meist stecken in den Pflanzendrinks weniger Nährstoffe als in Milch. Deshalb sind sie mit weiteren Zutaten angereichert. Am häufigsten ist Kalzium zugesetzt, aber auch Eiweiß, pflanzliche Fette oder Zusatzstoffe wie Stabilisatoren, Säureregulatoren, Emulgatoren, Aromen oder Zucker sind in der Zutatenliste zu finden. Deshalb ist es empfehlenswert, bei jedem Produkt die Nährstofftabelle auf der Verpackung genau zu lesen. Bei Bio-Produkten wird meist auf viele Zusatzstoffe verzichtet. Ein Haferdrink zum Beispiel besteht dann aus Wasser, Hafer, Salz und einem pflanzlichen Öl und ist damit nährstoffärmer als konventionelle Pflanzendrinks.

Das heißt jedoch nicht, dass die pflanzlichen Alternativen ungesund sind. „Sie bieten Ballaststoffe, sekundäre Pflanzenstoffe und einen höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren“, sagt Wagner. „Zudem haben sie insgesamt weniger Kalorien.“

Fettgehalt und Allergierisiko: Unterschiede im Detail

In einem Test der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen enthielten Mandel- und Kokosnussdrinks im Vergleich die wenigsten Kilokalorien, wobei Kokosnussdrinks sich als besonders fettarm erwiesen. Weil Fett zum Aufschäumen gebraucht wird, haben die Barista-Varianten des Haferdrinks mehr Fett, aber immer noch weniger als Vollmilch.

Sojadrinks haben so viel Eiweiß wie Kuhmilch, und das pflanzliche Protein kann vom Körper gut verwertet werden. Deshalb sind Sojadrinks besonders für vegan lebende Menschen geeignet – es sei denn, es besteht eine Allergie gegen Soja. Auch Menschen mit einer Birkenpollen-Allergie müssen aufpassen. Sojadrinks sind aber von Natur aus glutenfrei, wie Mandel- oder Kokosdrinks zum Beispiel auch, und deshalb für Menschen mit Zöliakie oder einer Glutenunverträglichkeit geeignet. Für Letztere kommen Haferdrinks weniger infrage, weil sie Gluten enthalten können. Mandeldrinks bieten sich besonders für Allergikerinnen und Allergiker an, weil sie frei von potenziell allergenen Stoffen wie Soja- und Milcheiweißen sind und kein Gluten enthalten – sofern keine Mandelallergie vorliegt.

Gut für den Planeten

Neben der Gesundheit greifen Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem aus Klimaschutzgründen zu den Pflanzendrinks. „Tatsächlich sind die Pflanzendrinks besser fürs Klima als die Milch vom Tier“, so AOK-Expertin Wagner. „Im Vergleich zu Milch verursachen die pflanzlichen Milchalternativen erheblich weniger Treibhausgase“, sagt Wagner. „Denn Kühe setzen viel Kohlendioxid und Methan frei.“ So verursacht beispielsweise Haferdrink etwa 70 Prozent weniger schädliche Klimagase als Kuhmilch.

Neben den Effekten auf das globale Klima schlagen auch lokale Auswirkungen zu Buche. Wasserverbrauch und Belastung von Gewässern fallen bei Kuhmilch hoch aus, es ist viel Land für Futter nötig, und die Frischmilch muss energieintensiv gekühlt werden. Für die Herstellung von einem Liter Haferdrink werden durchschnittlich rund 3,4 Liter Wasser, für einen Liter Kuhmilch 250 Liter Wasser verbraucht. Bei Mandeldrinks allerdings kann der Wasserverbrauch noch höher sein als bei Kuhmilch, denn Mandelbäume werden im trockenen Kalifornien oder im Mittelmeerraum angebaut, wo Wasser sowieso schon knapp ist.

AOK-Umfrage zur klimafreundlichen Ernährung

Laut „Ernährung 2.0“ – einer aktuellen, repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag des AOK-Bundesverbandes, würden sich 68 Prozent der Befragten gern nachhaltiger ernähren. Doch nur jeder und jede Vierte (27 Prozent) wusste, dass ein reduzierter Konsum tierischer Lebensmittel wie Fleisch oder Milchprodukte in puncto Ernährung die effektivste Maßnahme mit der größten positiven Auswirkung für das Klima ist. Um gute Kaufentscheidungen treffen zu können, fehlt oft eine aussagekräftige Kennzeichnung klimafreundlicher Lebensmittel.

Haferdrink selbst gemacht

Ein selbst gemachter Haferdrink ist frei von Zusätzen, wie Zucker oder Konservierungsstoffen. Und so geht es:

Zutaten: Zehn Esslöffel Haferfocken, ein Liter Wasser und eine Prise Salz. Haferflocken zwei bis drei Minuten in einer Pfanne erhitzen oder für zehn Minuten bei 180 Grad Celsius in den Backofen geben. Anschließend die Flocken in einem Mixer zerkleinern bis sie Hafermehl sind. Dann mit Salz und Wasser vermengen und durch ein Sieb oder ein sauberes Baumwolltuch gießen. Der Drink hält in einem geschlossenen Gefäß im Kühlschrank etwa drei bis vier Tage.