Mehr als nur eine Erkältung: Lungenentzündung erkennen und behandeln

Noch Erkältung oder schon Lungenentzündung? Lungenentzündungen werden manchmal erst spät erkannt, oft auch unterschätzt und nicht richtig auskuriert. Wie man die ernste Infektionskrankheit erkennt und behandelt und wie man vorbeugen kann, erläutert Dr. Astrid Maroß, Ärztin im AOK-Bundesverband.

Husten, Schwäche, Fieber – in der kalten Jahreszeit kann es einen öfters erwischen. Doch die Symptome müssen nicht immer mit einer Erkältung, Bronchitis oder Grippe in Verbindung gebracht werden – sie können auch auf eine Lungenentzündung hinweisen. Immerhin erkranken pro Jahr schätzungsweise 500.000 Menschen an dieser Infektionskrankheit, oft auch infolge einer Erkältung oder einer Grippe. „Lungenentzündungen werden manchmal nicht so schnell erkannt, können aber gefährlich werden, insbesondere für Babys und Kleinkinder sowie für ältere Menschen ab dem 60. Lebensjahr“, betont Dr. Astrid Maroß. „Denn bei ihnen ist das Immunsystem noch nicht ganz ausgereift beziehungsweise geschwächter als bei jungen Erwachsenen.“ In jedem Fall handelt es sich um eine ernste Infektionskrankheit, die rasch behandelt werden muss.

Erreger sind meistens Bakterien

Ausgelöst wird eine Lungenentzündung, auch Pneumonie genannt, meistens durch Bakterien, seltener durch Viren, wie zum Beispiel Grippe- und Coronaviren, sehr selten durch Pilze. Die Erreger werden über winzige Tröpfchen übertragen, die ein anderer beim Niesen, Husten, Sprechen freigesetzt hat. Werden sie eingeatmet, sorgen sie in der Lunge dafür, dass die Lungenbläschen und das umgebende Gewebe in Mitleidenschaft gezogen werden – wenn das Immunsystem die Keime nicht in Schach halten kann. „Das Gewebe entzündet sich und schwillt an, es kommt zu Einlagerungen von Flüssigkeit, sodass die Aufnahme von Sauerstoff nicht mehr so gut funktioniert“, sagt Dr. Maroß. Atembeschwerden gehören deshalb zu den Hauptsymptomen einer Lungenentzündung.

Typische Symptome

Typischerweise beginnt eine Lungenentzündung mit hohem Fieber – über 38,5 Grad Celsius – und Schüttelfrost. Die Betroffenen fühlen sich außergewöhnlich krank und schwach. Es kommt Husten dazu, dabei wird Schleim abgehustet, der eine gelbe, grünliche oder braune Farbe hat. „Auffällig ist bei vielen Patientinnen und Patienten die schnelle und flache Atmung. Einige klagen auch über Brustschmerzen“, berichtet die AOK-Expertin. Die Luftnot und der Sauerstoffmangel können lebensbedrohlich werden, sodass bei Risikogruppen eine Beatmung im Krankenhaus nötig wird. Auch andere Komplikationen können auftreten: Das Brustfell kann sich entzünden oder seltener, wenn sich die Erreger weiter im Körper verbreiten, auch die Hirnhaut oder der Herzbeutel. In der Lunge können sich Abszesse bilden. Stärker gefährdet sind neben Kindern unter zwei Jahren und Älteren über 60 Jahren auch Menschen mit chronischen Erkrankungen, wie Diabetes, chronischen Lungenerkrankungen, Krebs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Menschen mit einem geschwächten Immunsystem sowie beatmete und bettlägerige Patienten. Tatsächlich gehört eine Pneumonie hierzulande zu den zehn häufigsten Todesursachen.

Wenn typische Symptome fehlen

Tückisch ist eine Lungenerkrankung deshalb, weil gerade bei den gefährdeten jüngeren und älteren Patienten die typischen Symptome fehlen können: „Bei kleinen Kindern mit einer Lungenentzündung können auch andere Symptome auftreten, zum Beispiel Bauchschmerzen. Babys wollen nicht trinken, erbrechen sich oder haben manchmal nur hohes Fieber“, berichtet AOK-Ärztin Maroß und ergänzt: „Bei Kindern mit Lungenentzündung ist eine sehr rasche Atmung zu beobachten.“ Manchmal zieht sich die Haut zwischen den Rippen sichtbar ein oder die Nasenflügel bewegen sich deutlich auf und ab. Bei älteren Menschen sind Fieber oder Husten oft weniger stark ausgeprägt. Sie können etwa unter Durchfall oder zunehmender Verwirrtheit leiden. Doch auch bei ihnen kann schnelles Atmen auf eine Lungenentzündung hinweisen.

Radio O-Töne von Dr. Astrid Maroß, Ärztin im AOK-Bundesverband

Welches Antibiotikum?

Ein Verdacht auf eine Lungenentzündung sollte so schnell wie möglich ärztlich abgeklärt werden. Die Ärztin oder der Arzt horcht dann zum Beispiel den Brustkorb ab; charakteristisch veränderte Atemgeräusche deuten auf eine Lungenentzündung hin. Ein Röntgenbild der Lunge macht die Entzündung sichtbar. Auch eine Blutuntersuchung und die Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes dienen der weiteren Diagnostik. Aus den Umständen, unter denen die Lungenentzündung entstanden ist, lassen sich Rückschlüsse auf den Erreger ziehen. Hat sich die Patientin, der Patient die Lungenentzündung in der alltäglichen Umgebung geholt, handelt es sich oft um Pneumokokken. Das sind Bakterien, die sich recht gut mit Antibiotika – Medikamenten, die gegen bakterielle Infektionen wirksam sind – behandeln lassen.

Stammt die Lungenerkrankung aus einem Krankenhaus oder Pflegeheim, sind die Übeltäter oft andere Bakterien, die sich schwieriger bekämpfen lassen, weil sie widerstandsfähig, also resistent gegen verschiedene Antibiotika sind. Oft versucht man es dann mit einer Kombination diverser Antibiotika. Auch wenn die Lungenentzündung auf Viren zurückgeht, kommen oft Antibiotika zum Einsatz, weil sich zu den Viren häufig Bakterien gesellen und die Entzündung anheizen. Gelegentlich wird bei einer viralen Lungenentzündung ein sog. antivirales Arzneimittel gegeben.

Bettruhe und viel trinken

Eine ambulante Behandlung mit Antibiotika dauert etwa fünf bis sieben Tage. „Den Betroffenen geht es mit den Antibiotika oft schnell besser, trotzdem sollte anfangs Bettruhe eingehalten werden“, so Dr. Maroß. Zusätzlich heißt es: viel trinken, damit der Kreislauf stabil bleibt und sich der Schleim lösen kann. Dabei können auch entsprechende Medikamente helfen. Zudem sollten die Betroffenen sich darauf einstellen, dass es noch Wochen dauern kann, bis sie sich richtig fit fühlen, und sie sich noch länger schonen müssen.

Impfungen empfohlen

Um sich vor der schweren Infektionskrankheit zu schützen, wird Menschen ab 60 Jahren die Impfung gegen Pneumokokken, den häufigsten Erreger einer bakteriellen Lungenentzündung, empfohlen. Je nach Gesundheitszustand ist eine Auffrischung nach sechs Jahren sinnvoll. Von der Ständigen Impfkommission wird eine Impfung gegen Grippe und gegen das Coronavirus für Ältere und Vorerkrankte empfohlen; denn vor allem bei abwehrgeschwächten Patientinnen und Patienten kann sich infolgedessen eine Lungenentzündung entwickeln.

Säuglinge sollten im ersten Lebensjahr gegen Pneumokokken geimpft werden sowie gegen Haemophilus influenzae – ein weiteres Bakterium, das bei Kindern häufig hinter einer Lungenentzündung steckt. Auch die Impfungen gegen Masern, Keuchhusten und Windpocken schützen vor Lungenentzündungen.

Wenn es einen doch erwischt: „Frühzeitig erkannt, ist eine Lungenentzündung bei Kindern und gesunden Erwachsenen meist gut behandelbar und heilt in der Regel gut aus“, so die AOK-Expertin.

Lungenentzündung vorbeugen

  • Menschen ab 60 Jahren: Impfung gegen Pneumokokken, Grippe- und Coronaschutzimpfung. Auch empfohlen für Menschen mit geschwächter Abwehr (zum Beispiel bei angeborenen Immundefekten, HIV-Infektion) und Menschen mit chronischen Erkrankungen
  • Babys: im ersten Lebensjahr gegen das Bakterium Haemophilus influenzae und Pneumokokken impfen lassen. Die Impftermine lassen sich gut mit den Früherkennungsuntersuchungen für Kinder verbinden
  • Sich regelmäßig und gründlich die Hände waschen
  • Das Rauchen aufgeben und Alkoholkonsum reduzieren – beides Risikofaktoren für eine Lungenentzündung
  • Sich viel bewegen, möglichst an frischer Luft, sich gesund ernähren und ausreichend schlafen