Blickwinkel Finanzierung

Schwarze Null dank Beitragszahlenden?

19.10.2023 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge steigen weiter – auch weil der Bund sachgerechte Steuerzuschüsse verweigert. Doch die Konsolidierung seines Haushalts ist keine Aufgabe der Beitragszahlenden.

Foto von aufsteigenden Münzstapeln in einem Stethoskop, das auf einem Tisch liegt. Darin befindet sich auch ein kleines rotes Herzmodell.
Für die Finanzierung der Sozialversicherungen sind nicht die Beitragszahlenden allein verantwortlich.

Sein Ressort leiste den stärksten Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts, betonte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in der Haushaltsdebatte im Bundestag. Das liege aber nur daran, dass die hohen Pandemiekosten nicht mehr anfielen. Dabei verschwieg er freilich, dass der Bund die Erstattung von Pandemiekosten der Pflegeversicherung im Umfang von 5,3 Milliarden Euro schuldig geblieben ist, wie es die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt hatte. Davon ist keine Rede mehr. Folglich müssen jetzt die Pflegeversicherten zur schwarzen Null beitragen.

Anstieg der Zusatzbeiträge

Porträt von Klaus Jacobs
Prof. Dr. Klaus Jacobs ist Volkswirt. Von 2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand im März 2023 war er Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

So etwas könnte auch auf die Krankenversicherten zukommen. Bis Ende Mai 2023 sollte das Ministerium Empfehlungen für eine stabile, verlässliche und solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung vorlegen. Diesem gesetzlichen Auftrag ist es nicht nach­gekommen. Für 2024 rechnet Lauterbach bereits mit einem Anstieg der Zusatzbeiträge der Krankenkassen um 0,2 Prozentpunkte. Bei einem Verdienst von 3.000 Euro seien das wegen der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer monatlich drei Euro für die Kassenmitglieder. Dafür gebe es aber auch – so der Minister auf X (vormals Twitter) – „bessere Medikamente, modernere Technologie, mehr Spezialisierung im Krankenhaus, mehr Digitalisierung“. Für monatlich drei Euro mehr? Doch wohl eher für den stolzen Durchschnittsbeitrag von 486 Euro, der schon heute auf ein Monatseinkommen von 3.000 Euro entfällt.

„Bagatellreformen helfen nicht, um die Finanzierung zu stabilisieren.“

Prof. Dr. Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Zukunftsstabile Finanzierung

Noch einmal der Minister in der Haushalts­debatte: Die vielen Reformen der Vergangenheit seien „im Großen und Ganzen Bagatellreformen“ gewesen – „Reformen mit einer großen Überschrift, aber kleiner Wirkung“. Für die Finanzlage der Krankenkassen traf das leider nicht zu, denn hier war die Wirkung jedes Mal beträchtlich. Bei den Finanzreformen von Kranken- und Pflegeversicherung geht es nicht um die Konsolidierung des Bundeshaushalts. Ziel ist die zukunftsstabile Finanzierung der Sozialversicherungen mit einer sachgerechten Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben aus Steuermitteln. „Bagatell­reformen“ helfen dabei nicht weiter. Auf große Überschriften kann dagegen gern verzichtet werden.

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