Blickwinkel Versorgung

Ankündigungen ohne Substanz

22.05.2024 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist ein Meister hehrer Versprechungen. Doch droht die Gesundheitsversorgung in seiner Amtszeit nur teurer, aber nicht besser zu werden.

Junge Frau mit Migrationshintergrund, die an einem Tisch sitzt und sich von einer anderen Frau beraten lässt
Beratung im Gesundheitskiosk? Von den geplanten Reformen in der Gesundheitsversorgung scheint nicht mehr viel übrig zu sein.

Ankündigungsminister wird er genannt und immer weniger ernst genommen. Die Rede ist von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der für die Krankenhausversorgung sogar eine Revolution angekündigt hatte und jetzt vor einem Scherbenhaufen sitzen könnte. Aber auch mit seinen Reformvorhaben für die ambulante Versorgung hat er Schiffbruch erlitten.

Monatelang hatte er angekündigt, 1.000 Gesundheitskioske vor allem in sozial benachteiligten Räumen einzurichten, um einen niedrigschwelligen Zugang zum Gesundheitssystem zu schaffen. Kurz vor Ostern war in einem Gesetzentwurf noch von 220 Kiosken bis 2028 die Rede, mit deutlich zu niedrig angesetzten Kosten von jährlich 400.000 Euro je Kiosk.

Perspektivisch sollten die Kioske sogar sparen helfen. Das gilt für fast alles, was Karl Lauterbach ankündigt – etwa auch die Gesundheitsregionen als „alternative Regelversorgung“, für deren Management sogar nur 150.000 Euro pro Jahr veranschlagt waren – völlig realitätsfern!

„Der Vergütungsbooster für Hausärzte kostet viel Geld.“

Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs

In einem neuen Gesetzentwurf vom 8. April war dann aber alles Geschichte: die Kioske, die Gesundheitsregionen und auch die geplanten Primärversorgungszentren. Geblieben ist allein ein Vergütungsbooster für die hausärztliche Versorgung, der die Attraktivität des Hausarzt­berufs verbessern soll, kurzfristig aber auch erst einmal viel zusätzliches Geld kostet.
 
Diese Niederlage von Karl Lauterbach in der Ampel-Koalition böte Raum für erneutes Nachdenken. So ist die angedachte „Kommunalisierung“ der Versorgung ein Fehler, denn unsere Kommunen haben hierfür weder Know-how noch Ressourcen. Falsch ist auch das unverbundene Nebeneinander immer neuer Instrumente, ohne das dysfunktionale Regelwerk der ambulant-ärztlichen Sicherstellung überhaupt zu hinterfragen. Falsch ist es schließlich auch, per Gesetz einen Teilnahmebonus für selektive Hausarzt­verträge vorzuschreiben.
 
Dies zeigt, dass Karl Lauterbach auch von versorgungsorientiertem Kassenwettbewerb keine Ahnung hat. Das dürfte ihn kaum abhalten von weiteren Ankündigungen teurer Maßnahmen mit fragwürdigem Nutzen. Der Trost: Am Ende wird vermutlich auch hiervon nicht viel übrigbleiben.

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