Blickwinkel Finanzierung

Solidarität nutzt allen Generationen

18.04.2024 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Die Beteiligung aller Menschen an der solidarischen Finanzierung der Pflegeversicherung steht nicht im Widerspruch zu ihrer generationengerechten Ausgestaltung. Beides ist notwendig.

Foto: Mehrere Menschen, jung und alt, laufen nebeneinander und lachen.
Im Interesse des Zusammenhalts der Gesellschaft sollten Solidarität bei der Pflegefinanzierung und Generationengerechtigkeit nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs ist Volkswirt. Von 2002 bis zum Eintritt in den Ruhestand im März 2023 war er Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Versündigt sich Verena Bentele, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK, an der jüngeren Generation? Sie hatte gefordert, die gesamte Bevölkerung an der solidarischen Finanzierung der Pflegeversicherung zu beteiligen, also auch Beamtinnen und Beamte sowie alle Selbstständigen und gutverdienenden Arbeitnehmer, die aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur privaten Krankenversicherung (PKV) auch privat pflege-versichert sind. Dafür erntete sie harsche Kritik von der PKV, weil damit die Last für nachfolgende Generationen verschlimmert würde. Erforderlich sei stattdessen mehr private und betriebliche Pflege-Vorsorge mit einem Aufbau von Kapitalreserven.

Nicht ohne Eigeninteresse konstruiert die PKV hiermit einen falschen Gegensatz. Seit Einführung der Pflegeversicherung vor bald 30 Jahren leisten die Privatversicherten keinen Beitrag zur solidarischen Finanzierung, obwohl sie im Vergleich zur sozialen Pflegeversicherung im Durchschnitt mehr als doppelt so hohe Einkommen haben sowie ein deutlich geringeres Pflegerisiko. Das ist ein klarer Verstoß gegen das Gebot einer „ausgewogenen Lastenverteilung“, wie es das Bundesverfassungsgericht 2001 zur Legitimation der Zuordnung der Versicherten gemäß ihrer Krankenversicherung – gesetzlich oder privat – postuliert hatte. Die überfällige Korrektur dieser Schieflage würde zu einer spürbaren Minderung des aktuellen Beitragssatzes der sozialen Pflegeversicherung führen.

„„Wenn überhaupt Kapitalbildung, dann im Pflegevorsorgefonds."“

Prof. Dr. Klaus Jacobs

Die Bildung von Kapitalreserven zur Beitragsentlastung kommender Generationen ist aber eine andere Baustelle. Sofern es überhaupt zweckmäßig erscheint, hierfür Geld renditeorientiert am Kapitalmarkt anzulegen anstatt etwa gezielt in die Zukunftschancen nachwachsender Generationen zu investieren, steht mit dem Pflegevorsorgefonds bereits ein entsprechendes Instrument zur Verfügung. Von freiwilligen – privaten oder betrieblichen – Zusatzversicherungen mit steuerlicher Förderung profitieren vor allem solche Versicherte, die am wenigsten darauf angewiesen sind. Im Interesse des Zusammenhalts der Gesellschaft dürfen Solidarität bei der Pflegefinanzierung und Generationengerechtigkeit nicht gegeneinander ausgespielt werden.

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