Blickwinkel Gesundheitssystem

Kommunen nicht weiter überfordern

17.11.2023 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: Die Gestaltung der Gesundheitsversorgung vor Ort muss in erster Linie eine Aufgabe der Krankenkassen sein. Unsere Kommunen haben hierfür weder genügend Kompetenzen noch Ressourcen.

Foto: Mehrere Häuser aus Ton und Holz stehen auf einem Tisch, eine Hand hält eines der Häuser hoch.
Sollen Kommunen Aufgaben in der ambulanten Gesundheitsversorgung übernehmen? Diese Frage ist nach wie vor offen.
Porträt von Klaus Jacobs

Fast täglich beklagen Kommunen ihre Überforderung. Aktuell geht es dabei primär um die Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen. Aber auch die Überlastung der Gesundheitsämter während der Corona-Pandemie ist noch nicht vergessen und ihre Ertüchtigung in vollem Gang. Schon zeichnet sich eine weitere neue Aufgabe ab: die Vorlage verbindlicher Pläne für klimaneutrale Wärmenetze laut dem Entwurf des Wärmeplanungsgesetzes. Deshalb befürchten viele Kommunen bereits die nächste zeitliche und personelle Überforderung. Zumal es ohnehin anspruchsvolle Aufgaben zuhauf gibt, wie etwa die Digitalisierung der Verwaltung.

Ist es vor diesem Hintergrund wirklich eine gute Idee der Ampel-Regierung, den Kommunen nun auch noch Aufgaben in der ambulanten Gesundheitsversorgung zuzuweisen, mit der sie bislang praktisch nichts zu tun hatten? In der Gesetzes-Pipeline befindet sich derzeit der Entwurf für ein „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune“.

„Die Rolle der Kassen bei der Versorgung ist zu stärken.“

Prof. Dr. Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Vorbilder für lokale Versorgungsmodelle aus dem Ausland

Dass die ambulante Versorgung „vor Ort“ stattfindet, ist unstrittig. Aber müssen die örtlichen Gebietskörperschaften dabei auch eine aktive Rolle spielen? Bei den neuen Gesundheitskiosken und Gesundheitsregionen sollen sie sogar das Initiativrecht haben – die Finanzierungsverantwortung allerdings nur zum kleineren Teil. Hierfür sollen einmal mehr die Krankenkassen angezapft werden, wobei die ihnen in Aussicht gestellten Einsparungen wohl nur ein frommer Wunsch bleiben dürften.

Vorbilder für lokale Versorgungsmodelle mit einer aktiven Gestaltungsrolle der Kommunen stammen meist aus dem Ausland, zum Beispiel aus Kanada oder Skandinavien. Dort gibt es aber keine Sozialversicherung und folglich auch keine Krankenkassen. Die werden in Deutschland zwar vielfach noch immer als „Kostenträger“ bezeichnet, doch gestalten sie schon lange aktiv die Versorgung mit. Diese Rolle muss gezielt gestärkt werden, und zwar je nach Aufgabe und Regionstyp im Wettbewerb oder gemeinsam. Immer mehr Akteure bedeutet dagegen Verantwortungsdiffusion. Davon hat niemand etwas – zuletzt die Kommunen, die schon jetzt genug zu tun haben.

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