Nierenschwäche: Der körpereigene Blutfilter versagt

Die Nieren sind lebenswichtige Organe. Sie reinigen das Blut und regulieren Blutdruck, Flüssigkeitshaushalt und Salzgehalt in unserem Körper. Außerdem produzieren sie das Hormon, das für die Produktion der roten Blutkörperchen verantwortlich ist. Bei einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) ist die Funktion der Nieren eingeschränkt. Giftstoffe können dann nicht mehr ausreichend ausgeschieden werden, sammeln sich im Körper an und schädigen die Organe. Eine Niereninsuffizienz kann plötzlich auftreten (akut) oder sich über einen längeren Zeitraum entwickeln (chronisch).

Grafik: Die Nieren.

Risiken und Ursachen

Akutes Nierenversagen ist meist Folge einer mangelnden Durchblutung, etwa durch plötzlichen Blutverlust nach einem schweren Unfall. Ursache kann auch eine Vergiftung sein, die das Nierengewebe schädigt. Risikofaktoren für eine chronische Niereninsuffizienz sind unter anderem starkes Übergewicht, Rauchen und starker Alkoholkonsum. Die häufigsten Gründe für eine chronische Nierenerkrankung sind jedoch Diabetes und Bluthochdruck.

Nierenschwäche entwickelt sich oft schleichend

In Deutschland leben etwa neun Millionen Menschen, die eine chronische Nierenkrankheit haben. Die meisten Betroffenen sind über 60 Jahre alt. Das Problem: Eine chronische Niereninsuffizienz entwickelt sich schleichend. Auch wenn die Nieren in ihrer Funktion in der ersten Zeit der Erkrankung schon eingeschränkt sind, können sie das Blut immer noch ausreichend reinigen. Das kann sich über Jahre hinziehen, manchmal erholen sich die Nieren sogar wieder. „Eine chronische Niereninsuffizienz verursacht oft lange keine Beschwerden. Meist wird sie erst festgestellt, wenn die Nieren versagen oder es wegen Folgeerkrankungen zu gesundheitlichen Problemen kommt“, sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband. Weil der Körper zu wenig Urin ausscheidet, sammeln sich langsam Abfallstoffe aus dem Stoffwechsel an. Es kann zu Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Kopfschmerzen kommen. Weitere Anzeichen können Antriebslosigkeit und verstärkte Müdigkeit sein.

Risiko für Komplikationen und Folgeschäden verringern

Menschen mit Diabetes mellitus oder Bluthochdruck haben ein erhöhtes Risiko für eine chronische Nierenerkrankung. „Für sie ist es daher sinnvoll, die Nieren regelmäßig von der Hausärztin oder dem Hausarzt untersuchen zu lassen. Eine mögliche Nierenschwäche kann so frühzeitig festgestellt werden“, so Mediziner Ebel. Die AOK bietet Versicherten mit Diabetes mellitus strukturierte Behandlungsprogramme an. Patientinnen und Patienten, die daran teilnehmen, werden engmaschig ärztlich betreut. Das verringert das Risiko für Komplikationen und Folgeschäden auch der Nieren.

Gesetzlich Krankenversicherte haben außerdem im Rahmen des sogenannten Gesundheits-Check-ups ab dem 35. Lebensjahr alle drei Jahre Anspruch auf eine kostenlose Früherkennungsuntersuchung, Versicherte zwischen dem 18. und 34. Lebensjahr einmalig. Anzeichen für Nierenerkrankungen, aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, zu denen die häufig vorkommenden Bluthochdruckerkrankungen gehören, sowie Diabetes können so frühzeitig erkannt werden.

O-Töne von Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband

Gesunder Lebensstil hilft

Arbeiten die Nieren noch weitgehend normal, lässt sich das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten oder verlangsamen. Dies geschieht vor allem durch Medikamente, die den Blutdruck senken und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Bei Menschen mit Diabetes muss regelmäßig der Blutzucker kontrolliert werden. Wichtig ist außerdem, dass Betroffene sich ausreichend bewegen, ihre Ernährung dem jeweiligen Stadium der Nierenerkrankung anpassen und ihre Trinkmenge regulieren. Wie viel getrunken werden darf, sollten Betroffene immer mit dem Arzt oder der Ärztin besprechen. Das kann nämlich weniger sein als die empfohlenen eineinhalb bis zwei Liter täglich für gesunde Menschen. Auf Alkohol sollten Nierenerkrankte verzichten. „Ein gesunder Lebensstil kann hier viel bewirken, auch wenn die Nieren bereits geschädigt sind. Wer mit dem Rauchen aufhört, auf seine Blutzucker- und Blutdruckwerte achtet, sich regelmäßig bewegt und Übergewicht abbaut, der ist auf einem guten Weg, die Nieren vor einem weiteren Funktionsverlust zu schützen“, betont Ebel. Der Online-Coach Diabetes der AOK unterstützt Menschen mit Typ-2-Diabetes und der AOK-Online-Coach Bluthochdruck Menschen mit einem Bluthochdruck interaktiv bei der Änderung ihres Lebensstils.

Bei Nierenversagen: Dialyse oder Transplantation

Verschlechtert sich die Nierenfunktion aber immer weiter, kann ein komplettes Nierenversagen die Folge sein. Dann kommt eine Dialyse (Blutreinigungsverfahren) oder eine Nierentransplantation infrage. Jedes Jahr müssen in Deutschland etwa 100.000 Menschen zur Dialyse, weil ihre Nieren nicht mehr ausreichend funktionieren. Stimmen die medizinischen Voraussetzungen, können nahe Verwandte, Ehegatten und auch sehr enge Freunde oder Freundinnen eine Niere spenden. Der Mensch hat zwei Nieren, er kann jedoch auch gut mit nur einer auskommen. Wer eine Niere spendet, verringert die Filterfähigkeit seiner verbliebenen Niere zwar zunächst – schon nach wenigen Monaten steigert sie ihre Funktion aber wieder auf bis zu 70 Prozent der vorherigen Gesamtleistung beider Nieren, was für ein normales Leben ausreicht.

Findet sich keine nahestehende Person, sind die Patienten und Patientinnen auf Organspenden angewiesen. Ende 2022 warteten mehr als 6.680 Menschen in Deutschland auf eine Spenderniere, 1.966 Nieren wurden transplantiert, davon stammten 535 aus einer Lebendorganspende.