Gutachten hält Teile der Klinikreform für verfassungswidrig
Teile der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Krankenhausreform könnten verfassungswidrig sein. Zu diesem Schluss kommt ein Rechtsgutachten der Universität Hamburg für den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV), das G+G vorliegt. Demnach dürfte die vorgesehene Finanzierung des Transformationsfonds „rechtlich unzulässig sein“.
Lauterbach will Kosten von 25 Milliarden Euro für den Umbau der Kliniklandschaft vom Bund auf die gesetzlichen Krankenkassen abschieben. Dies sieht das Gutachten kritisch: Sozialbeiträge seien laut Bundesverfassungsgericht „streng zweckgebunden“ und dienten nicht zur „Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates“. Eine leistungsfähige Klinikversorgung sei im Interesse aller Bürger und als Daseinsvorsorge eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betont die Gutachterin und Sozialrechtsexpertin Dagmar Felix. So profitierten nicht nur Kassen-, sondern auch Privatpatienten von der Reform. Sozialbeiträge dürften aber nicht zur Finanzierung des allgemeinen Staatshaushaltes verwendet werden. „Der Zugriff auf Sozialversicherungsbeiträge zur Umsetzung der Reform ist insoweit nicht zulässig.“ Die Klinikreform müsse daher aus Steuern finanziert werden. Denkbar wäre etwa „ein eigenständiges Fördermodell aus Bundes- und Landesmitteln“, so Felix weiter.
Damit stützt das Gutachten die Kritik der Kassen. „Mit dem Griff nach den Beitragsgeldern wäre endgültig eine rote Linie überschritten“, warnte Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzender und Versichertenvertreter im GKV-SV, in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ). Über eine Klage ist noch keine Entscheidung gefallen. Die Kassen hoffen noch auf eine politische Lösung: „Wir sind zuversichtlich, dass die Politik eine andere, rechtskonforme Möglichkeit der Finanzierung findet“, sagte Florian Lanz, Pressesprecher des GKV-SV, auf Anfrage.
Scharfe Kritik kommt auch von den Ländern. In einer Stellungnahme zum Entwurf für das „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG) forderten sie nun selten einmütig weitgehende Korrekturen. Sie sehen insbesondere versorgungsnotwendige, kleine Kliniken auf dem Lande gefährdet. Diese seien „unzureichend berücksichtigt“. „Zudem enthält der Entwurf ökonomische Fehlanreize, die versorgungsgefährdend sind“, erklärte die Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK), Schleswig-Holsteins Ressortchefin Kerstin von der Decken (CDU). Die Länder mahnten erneut die versprochene Analyse an, wie sich die Reform auf die Klinikversorgung auswirke. Diese sei der Bund bis heute schuldig geblieben. (cm)
Datenschutzhinweis
Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.
Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.
1 Kommentar
Roswitha Götzmann-Bloching
Guten Tag,
es ist wünschenswert, dass die GKVs eine Sammelklage gegen diese Finanzierung vorbereiten. Die geplante Umsetzung zu Lasten der Beitragszahler ist ein schwerwiegender Griff in die Sozialkassen.
Meines Wissens nicht der erste in den vergangenen Jahrzehnten.
Wenn das unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung umgesetzt wird, wird das der SPD insbesondere, und den beiden Ampel-Koalitionspartnern einen schweren Stimmenverlust einbringen, von dem sich alle auf lange Sicht schwer erholen werden.
Freundliche Grüße
Roswitha Götzmann-Bloching