Artikel Prävention

Masern vermehrt aufgetreten – Impfnachweise für Gemeinschaftseinrichtungen rechtens

19.03.2024 Solveig Giesecke 4 Min. Lesedauer

Nach neuen Masernausbrüchen ist das Thema Impfen gegen die Viruserkrankung wieder aktuell. So entschied kürzlich das Oberverwaltungsgericht Berlin in mehreren Eilverfahren: Ämter dürfen für den Schulbesuch einen Impf-Nachweis fordern – und mit Zwangsgeld drohen.

Foto: Auf einem aufgeklappten Impfbuch liegen ein Stethoskop und eine Impfampulle.
Um Masern zu eliminieren, müsste die Impfquote bei 95 Prozent liegen.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg wies mit seiner Entscheidung mehrere Beschwerden von Eltern schulpflichtiger Kinder zurück. Die Eltern hatten Beschwerden gegen vorherige Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin eingelegt, wonach Gesundheitsämter für den Schulbesuch den Nachweis einer Impfung oder Immunität gegen Masern fordern dürfen, sofern keine Kontraindikation besteht.

Auch ein Zwangsgeld könne erhoben werden, wenn der Nachweis nicht vorgelegt werde, so das Verwaltungsgericht. Die Bestimmungen des Masernschutzgesetzes seien „angesichts der hochansteckenden Viruskrankheit mit möglicherweise schwerwiegenden Komplikationen nicht offenkundig verfassungswidrig“, begründeten die OVG-Richter ihre Entscheidung zur Abweisung der Beschwerden. Allein in Berlin waren 2023 laut Robert Koch-Institut (RKI) wieder 15 Masernfälle gemeldet worden, nachdem die Infektionszahlen in den Pandemiejahren rückläufig waren.

Komplikationen vor allem bei kleinen Kindern

Die Bundeszentrale gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stuft Masern als „hoch ansteckend“ ein. „Eine Masern-Infektion ist keine harmlose Krankheit. Häufig treten Komplikationen und Folgeerkrankungen auf“, heißt es weiter. Mögliche Komplikationen reichen demnach von Mittelohrentzündung bis Lungen- und Gehirnentzündung, die „in etwa bei 1 von 1.000 erkrankten Personen vier bis sieben Tage nach Auftreten des Masern-Hautausschlages“ auftrete.

Auch die subakute sklerosierende Panenzephalitits (SSPE) sei eine mögliche Nebenwirkung, die vor allem kleine Kinder entwickelten: „Die SSPE tritt durchschnittlich erst sechs bis acht Jahre nach der Infektion auf und verläuft immer tödlich“, warnen die Wissenschaftler. Es komme durchschnittlich zu vier bis elf SSPE-Fällen pro 100.000 Masern-Erkrankungen. Vor allem Kinder, die mit unter fünf Jahren an Masern erkrankten, hätten ein deutlich höheres SSPE-Erkrankungsrisiko. Nach wie vor komme es zu Todesfällen.

Masern sollen besiegt werden

Im März 2020 trat das „Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention“ – kurz Masernschutzgesetz – in Kraft. Ziel: Die „Elimination“ der Masern in Deutschland. Die Bemühungen, die Masern über Aufklärung und freiwillige Impfungen zu besiegen, reichten nicht aus, um die erforderliche Impfquote von 95 Prozent zu erreichen. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in den Kindergarten, die Kindertagespflege oder in die Schule die von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen.

Aktuelle Masern-Erkrankungen in Deutschland und Europa

Bis Mitte März 2024 verzeichnete das RKI-Meldeportal für meldepflichtige Krankheiten in diesem Jahr bundesweit bereits 126 Masernmeldungen. Im Vogtland war es im Februar zu einem Ausbruch gekommen, bei dem zwölf ungeimpfte Kinder im Alter von einigen Monaten bis 13 Jahren aus zwei zugereisten Familien erkrankt waren. Wegen fehlender Masernimpfung bei Schulkindern haben allein Sachsens Behörden schon hunderte Bußgelder gegen Eltern verhängt, ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Demnach hat etwa der Landkreis Mittelsachsen 185 Bußgeldbescheide in den vergangenen zwei Schuljahren ausgestellt, der Kreis Görlitz 314 und die Stadt Leipzig 184 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Zudem gab es im Rheinland wieder Berichte von Erkrankungen. So verzeichnete das Landesgesundheitsministerium von Nordrhein-Westfalen nach Karneval bereits 24 Fälle im Jahr 2024. In Großbritannien schlugen die Behörden bereits zu Beginn des Jahres Alarm. Die britische UK Health Security Agency stellte eine steigende Zahl von Infektionen in Mittelengland fest. Seit Oktober seien in der Region West Midlands mehr als 700 bestätigte Fälle und rund 100 Verdachtsfälle gemeldet worden, teilte die Gesundheitsbehörde mit. Der Großteil betreffe Kinder.

Auch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnten, dass es aktuell wieder vermehrt zu Masernfällen komme. Nach mehreren Jahren mit wenigen Fällen habe es 2023 wieder mehr Masernmeldungen gegeben, so ECDC. Im Januar und Februar 2024 seien bereits sieben vom Masernvirus verursachte Todesfälle in der EU gemeldet worden, sechs in Rumänien und einer in Irland.

Mitwirkende des Beitrags

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.