Artikel Prävention

AOK-Studie: Künstliche Intelligenz kann gesundheitliche Prävention ergänzen

15.12.2025 Änne Töpfer 4 Min. Lesedauer

Antworten von Chatbots auf einfache Fragen zur gesundheitlichen Prävention weisen gute Qualität auf. Das zeigt eine aktuelle Studie des AOK-Bundesverbandes. Die Ergebnisse erläutert Dr. Thomas Lennefer, Psychologe in der Abteilung Prävention und Studienleiter. Er empfiehlt jedoch, bei komplexen Fragestellungen weiterhin auf fachgeprüfte Informationen zurückzugreifen und den persönlichen Kontakt zu Expertinnen und Experten zu suchen.

Foto: Eine Frau in hellem Shirt hält ein Smartphone in der Hand, darüber angedeutet stehen Sprechblasensymbole.
KI-gestützte Angebote können eine sehr gute Ergänzung sein, um die Prävention noch weiter voranzutreiben.
Porträt von Thomas Lennefer
Thomas Lennefer, Psychologe in der Abteilung Prävention des AOK-Bundesverbandes

Welche Bedeutung hat die künstliche Intelligenz (KI) in der gesundheitlichen Prävention?

Thomas Lennefer: Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im Jahr 2022 hat KI wie eine Bombe eingeschlagen. Mit wöchentlichen Nutzungszahlen im dreistelligen Millionenbereich ist der Einfluss in verschiedenen Bereichen immer größer geworden. KI macht auch vor dem Präventionsbereich nicht halt und birgt ein großes Potenzial, um Präventionsangebote noch individueller und dadurch effektiver zu gestalten. 

Sie haben eine Studie zum Thema KI und Prävention umgesetzt. Worum ging es konkret?

Lennefer: Da Chatbots, wie beispielsweise ChatGPT, so intensiv genutzt werden, liegt es nahe, dass die Nutzenden auch Fragen aus dem Bereich der Prävention an den Chatbot stellen. Uns hat interessiert, wie die Qualität der Antworten von gängigen Chatbots auf solche Präventionsfragen, beispielsweise aus dem Bereich Bewegung, aussieht. 

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Lennefer: Insgesamt haben wir den Chatbots ChatGPT, Gemini und MetaAI 20 Fragen aus den vier Bereichen der Prävention – allgemeine Prävention, psychische Gesundheit, Bewegung und Ernährung – gestellt. Darüber hinaus haben wir die gleichen Fragen ausgewählten Expertinnen und Experten aus den jeweiligen Präventionsbereichen gestellt und um eine Antwort gebeten. Die Antworten von ChatGPT, Gemini, MetaAI und die der Menschen wurden dann von 108 Präventionsexpertinnen und -experten in Bezug auf Fachlichkeit, Vollständigkeit und Verständlichkeit bewertet. Die Fachleute wussten dabei nicht, ob die Antworten von einem Chatbot oder einem Menschen stammen.

Wie unterscheiden sich die Ergebnisse hinsichtlich der Fachlichkeit, der Vollständigkeit und der Verständlichkeit?

Lennefer: Die Ergebnisse haben uns, ehrlich gesagt, etwas überrascht. Die statistischen Analysen zeigten, dass die KI nach Einschätzung der Präventionsexpertinnen und -experten in Bezug auf fachliche Korrektheit, Vollständigkeit und Verständlichkeit besser abschneidet als die menschliche Komponente. Grundsätzlich muss ich aber sagen, dass die Antworten der drei KI-Modell und auch der menschlichen Komponente insgesamt recht positiv bewertet wurden – die Antworten der KI-Modelle aber eben noch ein wenig besser.

Sie haben in der Untersuchung einfache Fragen gestellt. Was erwarten Sie von der KI, wenn die Anliegen der Nutzenden komplexer sind? Wie steht es dann um die Qualität der KI-Antworten?

Lennefer: Genau, wir haben in dieser Studie der KI sehr einfache Fragen aus dem Bereich Prävention gegeben. Beispielsweise aus dem Bereich psychische Gesundheit: „Wie kann ich besser mit Stress umgehen?“ Dabei haben wir uns stets bemüht, sehr einfache Sprache zu verwenden, um die Untersuchung der Antworten KI so realitätsgetreu wie möglich zu gestalten. Vorherige Untersuchungen haben sich allerdings auch komplexeren medizinischen Fragestellungen gewidmet. Hierbei haben die KI-Chatbots teilweise durchaus nicht so gut abgeschnitten. In Bezug auf Prävention würde ich daher vermuten, dass komplexere Fragestellungen und Sachverhalte deutlich schlechter beantwortet werden.

Foto: In einem Operationsaal schaut ein Mann in OP-Kleidung auf ein Tablet während ein Patient auf dem OP-Tisch liegt und Robotergreifarme über ihm schweben.
Ob bei der Diagnose von Krankheiten, der Entwicklung personalisierter Therapien, beim Schreiben von Entlassbriefen, der Überwachung chronischer Leiden oder in der robotergestützten Chirurgie: Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen wird ein hohes Potenzial nachgesagt. Zu den Zukunftschancen und Risiken dieser Technologie äußern sich im…
18.09.2024Thorsten Severin5 Min
Eine Ärztin sitzt einer Patientin gegenüber und hört zu. In ihrer Hand hält sie ein Smartphone, auf dessen Bildschirm ein Mikrofon-Symbol zu sehen ist.
Weniger Tippen, mehr Zeit für den Patienten: Eine getestete KI-Lösung nimmt Arzt- und Patienten-Gespräche auf, erstellt strukturierte Aufzeichnungen und entlastet die ärztliche Dokumentationsarbeit.
06.11.2025Hilke Nissen3 Min

Welche Forschungsfragen sind hinsichtlich des Einsatzes von KI in der Prävention offen?

Lennefer: Meiner Kenntnis nach ist unsere Studie die erste, die die Qualität von KI-Antworten auf gängige Präventionsfragen untersucht hat. Es liegen somit noch nicht so viele Studienergebnisse zum Themenfeld KI und Prävention vor. Auf der anderen Seite werden Chatbots schon sehr umfassend genutzt. Deshalb liegt es nahe, dass die Nutzenden auch Fragen zur gesundheitlichen Prävention an ChatGPT und Co. richten. Aus meiner Sicht gibt es daher noch recht viele offene Fragestellungen. Besonders interessant finde ich neben der Qualitätsbewertung von komplexeren Präventionsfragen die Frage, wie Chatbots in Bezug auf das Thema Gesundheit genutzt werden und ob es den Nutzenden durch die KI-Unterstützung leichter fällt, ihr Gesundheitsverhalten zu verändern. Eine Herausforderung in der Erforschung von KI ist es allerdings, dass die Entwicklungen in diesem Bereich sehr schnell voranschreiten. Der Wissenschaftsprozess bis hin zur Veröffentlichung ist hingegen langwierig, sodass aktuell veröffentlichte Studien häufig KI-Modelle untersuchen, mit denen wir im Alltag gar nicht mehr arbeiten.

Kann Prävention ohne einen persönlichen Kontakt zwischen Menschen funktionieren?

Lennefer: In unserer Studie haben wir den Fokus auf einfache Gesundheitsinformationen gelegt. Hier gibt es schon länger digitale Kommunikationskanäle, um Informationen zum Thema Gesundheit zu verbreiten. Auch die AOK hält ein sehr umfangreiches Angebot von Online-Portalen über Broschüren bis hin zu Social-Media-Beiträgen bereit. Wenn wir Prävention allgemein betrachten, gibt es durchaus Studien, die zeigen, dass auch digitale Angebote die Gesundheit verbessern können. Nichtsdestotrotz ist der persönliche Kontakt eine Ressource, die bei der Änderung des Gesundheitsverhaltens sehr wichtig sein kann.

Die AOK hat langjährige Erfahrung und große Expertise in der gesundheitlichen Prävention. Planen Sie dennoch, diesen Bereich künftig stärker der KI zu überlassen?

Lennefer: Das würde ich nicht sagen. Wir sind in der Prävention sehr breit aufgestellt und bieten neben individuellen Präventionsangeboten für unsere Versicherten auch spezifische Angebote beispielsweise für Schulen oder Betriebe an. Ich denke aber, dass KI-gestützte Angebote eine sehr gute Ergänzung hierzu sein können, um die Prävention noch weiter voranzutreiben. In Bezug auf die Bereitstellung von Gesundheitsinformationen ist es weiterhin sinnvoll, sich auf fachgeprüfte Informationen zu verlassen. In der AOK ist daher der Fachprüfungsstempel entwickelt worden, der angibt, ob ein Inhalt vor Veröffentlichung von Fachexpertinnen oder Fachexperten geprüft worden ist.

Mitwirkende des Beitrags

Optionale Felder sind gekennzeichnet.

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.

Pressekonferenz

Vorstellung des neuen Public Health Index

Wo steht Deutschland beim Thema Prävention im internationalen Vergleich?