Artikel Prävention

Debatte: Mehr Schutz vor Mediensucht

16.10.2025 Eva Möhler 3 Min. Lesedauer

Steigende Bildschirmzeiten gefährden die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, sagt Eva Möhler. Die Kinderpsychiaterin fordert eine gesetzliche Regelung, um Eltern zu unterstützen.

Ein Junge blickt konzentriert auf sein Smartphone.
Eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung des Medienkonsums könnte viele Eltern entlasten.
Porträt von Prof. Dr. Eva Möhler, Chefärztin am Universitätsklinikum des Saarlandes und der SHG-Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie
Prof. Dr. Eva Möhler ist Lehrstuhlinhaberin für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum des Saarlandes. Sie ist zugleich Chefärztin der dortigen Klinik und der SHG-Kliniken für Kinder-und Jugendpsychiatrie.

Unsere eigenen aktuellen Studien ergeben, dass derzeit über 40 Prozent aller Jugendlichen einen den wissenschaftlichen Normen nach als problematisch einzustufenden Medienkonsum zeigen. In unserer Spezialambulanz für Gaming Disorder (ICD-11: Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung) hören wir sehr häufig die Aussage: „Wir sind da so reingerutscht.“ Das sollte keinem Kind oder Jugendlichen mehr passieren dürfen. Seit der Pandemie ist der Medienkonsum von Kindern aber leider hochsignifikant angestiegen und parallel dazu die kinderpsychiatrische Morbidität.

Wissenschaftlich steht dabei glasklar fest: Steigende Bildschirmzeiten verschlechtern die kognitive Entwicklung, die Handlungsplanung, die Emotionsregulation, die Stimmungslage, die Konzentration, die Impulskontrolle und die körperliche Gesundheit von Kindern und Jugendlichen massiv. Das Suchtpotenzial der vielen bunten Reize ist umso erheblicher, je jünger das Kind ist. 

Sowohl der Suchtbeauftragte der Bundesregierung als auch die Leopoldina artikulieren daher eine aus kinderpsychiatrischer Sicht absolut essenzielle Forderung nach gesetzlichen Verboten. Im Umgang mit anderen Suchtmitteln – wie Alkohol oder Nikotin – greift bereits das Jugendschutzgesetz. Die Toleranz gegenüber Medienkonsum bei Kindern ist in der Bevölkerung immer noch deutlich höher als bei Zigaretten und Alkohol. Dabei haben auch Medien ein suchterzeugendes Potenzial mit schädlichen Konsequenzen, das dem anderer – legaler wie illegaler – Sub­­stanzen gleichzusetzen ist.

„Das Suchtpotential schneller bunter Reize ist umso größer, je jünger das Kind ist.“

Prof. Dr. Eva Möhler

Chefärztin am Universitätsklinikum des Saarlandes und der SHG-Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie

Die Unterstützung für Eltern durch eine gesetzliche Regelung ist evident: Die Beschränkung des Medienkonsums käme von einer dritten Instanz, außerhalb der Familie. Das kann sehr viele Eltern entlasten. Eine Externalisierung der Regeln aus dem häuslichen in den staatlichen Bereich ist für verunsicherte Eltern eine klare und dadurch beruhigende Vorgabe. Bildschirmkonsum und Mediensucht von Kindern und Jugendlichen können und dürfen angesichts des aktuellen, wissenschaftlich erdrückenden Kenntnisstandes keine Privatsache mehr bleiben.

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Mitwirkende des Beitrags

Eva Möhler

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