Blickwinkel Finanzierung

Solidarität statt Hass und Hetze

20.03.2024 Klaus Jacobs 4 Min. Lesedauer

Jacobs' Weg: Die Finanzierung der Sozialversicherung und die Gesundheits- und Pflegeversorgung in Deutschland sind existenziell auf Zuwanderung angewiesen. Sonst droht ihnen der Kollaps.

Unsere solidarisch finanzierte Gesundheits- und Pflegeversorgung profitiert von der Zuwanderung.

Seit Januar gehen die Menschen in Deutschland zu Zehntausenden auf die Straße: für Demokratie und Menschlichkeit, gegen die Spaltung der Gesellschaft und für ihren Zusammenhalt. Das ist ein wichtiges Zeichen der Zivilgesellschaft. Denn die Wahlentscheidung für Rechtspopulisten ist längst mehr als nur Protest – sie würde Deutschland massiven Schaden zufügen. Das gilt gerade auch für die Gesundheits- und Pflegeversorgung und ihre Finanzierung.

Ohne den großen Zuwachs an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den vergangenen Jahren lägen die Zusatzbeträge der gesetzlichen Krankenkassen weit höher als schon jetzt. Aktuell sind rund 35 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und damit fast fünf Millionen mehr als vor zehn Jahren. Zu verdanken ist dieser Zuwachs zu einem Gutteil der Zuwan­derung ausländischer Arbeitskräfte. Hatte deren Anteil 2014 noch 8,5 Prozent betragen, liegt er heute bei 15,6 Prozent. Das zeigt, wie sehr Arbeitsmarkt und Sozialversicherungen auf Beschäftigungszuwächse aus dem Ausland angewiesen sind.

„Die Sozialversicherungen sind auf Zuwanderung angewiesen.“

Klaus Jacobs

Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK

Foto: Porträtbild von Prof. Dr. Klaus Jacobs, Volkswirt und ehemaliger Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)
Prof. Dr. Klaus Jacobs

Für die Gesundheits- und Pflegeversorgung gilt dies besonders ausgeprägt. Die würde – so dankenswert klar die Deutsche Krankenhaus­gesellschaft – „ohne Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte mit Migrationsgeschichte kollabieren“. Die Landesärztekammer Brandenburg stellt fest, dass eine flächendeckende medizinische Versorgung in Brandenburg ohne ausländische Ärztinnen und Ärzte nicht mehr möglich wäre. Zugleich betont sie, wie wichtig es ist, „eine Kultur des Pluralismus, der Toleranz und Kompromissfähigkeit zu leben und sich Tendenzen entgegenzustellen, die solche demokratischen und freiheitlichen Prinzipien missachten“. Herrscht dagegen eine feindselige Stimmung gegenüber Zuwandernden, suchen die sich ein freundlicheres Lebensumfeld aus.
 
Natürlich sollten Krankenkassen und Ärzteorganisationen keine Parteipolitik machen, doch es geht längst um mehr. Allen muss klar werden, dass letztlich die Existenz unserer solidarisch finanzierten Gesundheits- und Pflegeversorgung auf dem Spiel steht. Das angeblich nicht gewusst zu haben, darf bei den kommenden Wahlen keine Ausrede sein.

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