Rundruf Pflege

Pflege wie reformieren?

20.03.2024 Tina Stähler 5 Min. Lesedauer

Der GKV-Spitzenverband hat den Bundestag dazu aufgefordert, eine Enquete-Kommission für die Pflegereform einzusetzen. Ist ein solches Gremium sinnvoll und welche Aufgaben und Ziele sollte es verfolgen?

Ein Stempel mit dem Begriff "Reform" liegt auf einem Tisch, daneben ist der Begriff "Reform" gestempelt.
Bei der Frage, ob eine Enquete-Kommission für die Pflegereform sinnvoll sein könnte, gehen die Meinungen auseinander.

Handlungsbedarf auf allen Ebenen umsetzen

Foto: Porträt von Heike Baehrens, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.
Heike Baehrens, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion

Eine Enquete-Kommission in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode zu starten, halte ich für wenig sinnvoll. Der Handlungsbedarf liegt auf dem Tisch, wir müssen ihn nun auf allen Ebenen umsetzen. Es ist dringend nötig, die Finanzsituation der sozialen Pflegeversicherung zeitnah zu stabilisieren, auch durch höhere Steuermittel für versicherungsfremde Leistungen. Daher ist es gut, dass eine Regierungskommission unter Leitung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) bis Ende Mai Empfehlungen für eine dauerhafte Finanzierung vorlegen wird.

Darüber hinaus werde ich mich nachdrücklich dafür einsetzen, weitere Verbesserungen für diejenigen zu erreichen, die zu Hause gepflegt werden. Von besonderer Bedeutung ist es, die Berufe in der Pflege weiter zu stärken und den Pflegefachkräften mehr Verantwortung und Befugnisse zu geben. Mit dem Pflegekompetenzgesetz werden wir den Beruf nicht nur attraktiver machen, sondern auch die vielfältigen Kompetenzen der Pflegekräfte im Sinne einer hochwertigen Versorgung besser als bisher nutzen können.

Ehrliche Debatte als Grundlage

Foto: Porträt von Jens Teutrine, Vorsitzender der Jungen Gruppe innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion.
Jens Teutrine, Vorsitzender der Jungen Gruppe innerhalb der FDP-Bundestagsfraktion

Erfreulicherweise leben wir heute länger, auch dank besserer medizinischer Versorgung. Die Kehrseite ist: In einer alternden Gesellschaft müssen weniger Menschen Wohlstand und soziales Absicherungsniveau gewährleisten. Schon in zwei Jahren gehen erste geburtenstarke Jahrgänge in die verdiente Rente und bald wird es deutlich mehr Pflegebedürftige geben. Ob Personalmangel, Misstrauen gegenüber Pflegenden oder überbordende Bürokratie – die Pflege krankt an vielen Stellen. Wenn sie in Zukunft menschenwürdig sein soll, ohne die Kosten und Beiträge zu sprengen, braucht es bereits heute entsprechende Weichenstellungen.

Die Grundlage hierfür ist eine ehrliche Debatte, wie wir die Finanzierung der Pflege generationengerecht und zukunftsfest ausgestalten. Ich werbe für eine bessere private und betriebliche Vorsorge sowie für mehr Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung. Drängender als eine Enquete-Kommission sind Entscheidungen, die nicht in Legislaturperioden denken, sondern in Jahrzehnten.

Notlage in der Pflege ist Notlage in der Versorgung

Foto: Porträt von Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion.
Maria Klein-Schmeink, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion

In der Tat braucht die Pflege eine bessere und nachhaltigere Finanzierung. Ob eine Enquete-Kommission über die Arbeitsgruppe des BMG hinaus der richtige Weg ist, um notwendige Reformen vorzubereiten, ist fraglich. Für uns Grüne ist nach wie vor entscheidend, dass gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht auf die Versicherten oder die Pflegebedürftigen abgewälzt werden. Stattdessen müssen entsprechende Ausgaben aus Steuermitteln finanziert werden, wie im Koalitionsvertrag vereinbart.

Außerdem müssen wir im Sinne der pflegebedürftigen Menschen Schritt für Schritt zu einer Vollversicherung der Pflegekosten kommen. Nicht zuletzt sind die Länder und Kommunen angehalten, ihrer Verantwortung für die Investitionskosten in der Pflege gerecht zu werden. Doch die Notlage in der Pflege ist zuallererst eine Notlage in der Versorgung. Es fehlen Fachkräfte, und die häusliche Pflege braucht mehr Unterstützung. Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren und müssen daran konsequent weiterarbeiten.

Pflege braucht ein neues Modell

Foto: Porträt von Tino Sorge, Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion.
Tino Sorge, Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Es braucht keine neue Kommission, sondern eine Bundesregierung, die das Problem in Angriff nimmt. Eine Enquete-Kommission könnte wertvolle Impulse geben – entscheiden und handeln muss aber die Regierung. Die Pflege ist ein zen-traler Bestandteil unserer Daseinsvorsorge. Es wäre fatal, wenn auch sie dem Haushaltsstreit der Ampel zum Opfer fiele. Als Union haben wir schon vor Monaten ein Konzept für eine nachhaltige und generationengerechte Finanzierung der Pflege vorgelegt.

Statt immer neuer Beitragserhöhungen braucht die Pflege ein neues Modell, das auf mehrere Säulen der Vorsorge setzt: Die Pflegeversicherung, wie wir sie heute kennen; zusätzlich aber auch deutlich mehr betriebliche Vorsorgeangebote gemeinsam mit den Arbeitgebern. Wir brauchen mehr private Vorsorge, sofern man sie sich leisten kann. Wer jung ist, kann sich schon mit zehn bis 20 Euro pro Monat gut für das Alter absichern. Auch Steuerzuschüsse werden weiterhin eine Rolle spielen. Sie allein werden aber kaum reichen.

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