Interview Gesundheitssystem

„Kommunikation zwischen Politik und Wissenschaft verbessern“

19.02.2024 Silke Heller-Jung 4 Min. Lesedauer

In der Rubrik „Neues aus der Uni“ stellt G+G-Digital Institute und Lehrstühle vor. Dieses Mal mit drei Fragen an Prof. Dr. Anna Oksuzyan, Inhaberin der Professur für Demografie und Gesundheit an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.

Foto: Blick in einen Hörsaal, in dem viele Studierende sitzen. Vorne steht ein Mikrofon.
Wo steht die Forschung, welche neuen Erkenntnisse gibt es – G+G interviewt jeden Monat Institutsleiter und Lehrstuhlinhaber von Universitäten und Hochschulen.
Porträt von Prof. Dr. Anna Oksuzyan, Inhaberin der Professur für Demografie und Gesundheit an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld
Prof. Dr. Anna Oksuzyan, Inhaberin der Professur für Demografie und Gesundheit an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld.

Frau Professorin Oksuzyan, was ist derzeit Ihre wichtigste wissenschaftliche Fragestellung?

Prof. Dr. Anna Oksuzyan: Ein stetiges Thema in meiner akademischen Laufbahn ist die Untersuchung geschlechtsspezifischer Unterschiede bezüglich Gesundheit und Überleben. Die aktuellen Forschungsarbeiten meiner Arbeitsgruppe zielen darauf ab, den Einfluss des Geschlechts auf die Behandlung und die Gesundheitsberichterstattung zu verstehen – mit dem Fokus, die Gesundheit von gleich- und nicht gleichgeschlechtlichen Paaren zu vergleichen. In einem weiteren Forschungsstrang plant mein Team, die sozialen Determinanten von E-Health zu untersuchen. Durch die Verknüpfung von Erhebungs- und Registerdaten, die in den nordischen Ländern zur Verfügung stehen, wollen wir die Gesundheitsprobleme ermitteln, bei denen E-Health am häufigsten angewendet wird und den größten Mehrwert bietet. Das Projekt wird weiterhin expandiert, um die Verfügbarkeit von Online-Diensten im deutschen Gesundheitssystem zu bewerten. Zu guter Letzt habe ich im vergangenen Jahr einen Consolidator Grant des European Research Council eingeworben, um die gesundheitlichen Folgen des Pendelns – also regelmäßig wiederkehrender Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz mit einem motorisierten Fahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln – für alle Familienmitglieder zu untersuchen.

Zur Person:

Prof. Dr. Anna Oksuzyan studierte Medizin und Public Health in Jerewan/Armenien und Odense/Dänemark. Anschließend war sie am Institut für Public Health der Süddänischen Universität in Odense und am Max-Planck-Institut für Demografische Forschung in Rostock tätig. 2021 wechselte sie als Gastprofessorin an die Universität Bielefeld. Seit 2022 bekleidet sie dort die Professur für Demografie und Gesundheit und ist Leiterin der gleichnamigen Arbeitsgruppe.

Wie fördern Sie die Kooperation wissenschaftlicher Disziplinen und die Netzwerkbildung?

Prof. Dr. Oksuzyan: Ich fördere die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Netzwerkbildung in Forschung und Lehre. Meine interdisziplinäre Forschungsagenda liegt an der Schnittstelle von Sozialepidemiologie, Gerontologie und Gesundheitsdemografie, wobei der Fokus auf gesundheitlichen Ungleichheiten in Geschlecht, Alter, Familienstrukturen und internationaler Migration liegt. Während meiner Tätigkeit als Gruppenleiterin am Max-Planck-Institut für demografische Forschung und an der Universität Bielefeld habe ich eine interdisziplinäre Forschungsgruppe aufgebaut, zu der Doktoranden und Doktorandinnen mit einem Masterabschluss in Demografie und Soziologie sowie eine promovierte Statistikerin gehören.
 
Mein Interesse an interdisziplinärer Forschung spiegelt sich am Themenspektrum der Fachzeitschriften wider, in denen meine Forschungsergebnisse veröffentlicht wurden, von den Gesundheitswissenschaften und der Epidemiologie über die Soziologie bis hin zur Demografie. Ich verfüge über ein internationales Forschungsnetzwerk, das Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Disziplinen umfasst. Durch diese Zusammenarbeit habe ich Zugang zu hochwertigen Datensätzen, wie zum Beispiel nordischen Registerdaten, mit denen ich meine Forschungsinteressen und mein Fachwissen erweitern konnte.

Ist die Politik gut beraten, wenn sie auf die Wissenschaft hört?

Prof. Dr. Oksuzyan: Ja, bis zu einem gewissen Ausmaß. Ein anschauliches Beispiel ist die Corona-Pandemie, als bei politischen Entscheidungen neben den Auswirkungen auf die Eindämmung des Virus die kurz- und langfristigen Auswirkungen von Schulschließungen nicht vollständig berücksichtigt wurden.
 
Ich bin auch der Meinung, dass wir unsere wissenschaftlichen Ergebnisse aktiver an ein breiteres Publikum vermitteln sollten. Es ist aber mitunter schwierig, sich neben der Lehre, der Forschung, der Gremienarbeit und der Verwaltung mit solchen zusätzlichen Aktivitäten zu beschäftigen. Ich denke, dass gezielte Schulungen darüber, wie man Forschungsergebnisse an ein nicht-wissenschaftliches Publikum vermittelt, eine gute Möglichkeit wären, um die Kommunikation zwischen Wissenschaft und Politik zu verbessern.

Forschungsschwerpunkte:

  • Geschlechtsspezifische Unterschiede in Gesundheit und Überleben (G-HEALTH)
  • Gesundheit von Immigranten
  • Trends und soziodemografische Determinanten der Nutzung von E-Health
  • Folgen von dem passiven Pendeln auf Gesundheit und Wohlbefinden der Pendler*innen und ihrer Familienmitglieder
  • Gesundheit alternder Bevölkerungen

Jahresetat:
keine Angabe

Zahl und Qualifikation der Mitarbeitenden:

  • 1 Universitätsprofessorin
  • 3 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • 4 wissenschaftliche Hilfskräfte
  • 1 Sekretärin

Kontaktdaten:

Universität Bielefeld
Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Arbeitsgruppe 8: Demografie und Gesundheit
Universitätsstraße 25
33615 Bielefeld
Telefon: 0521 1064348
E-Mail: anna.oksuzyan(at)uni-bielefeld.de

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