Bundesweite AOK-Studie zu hitzebedingten Krankenhaus-Einweisungen
Senioren aus Berlin und Brandenburg leiden mit am meisten unter der Hitze
Berlin, 8. Juni 2021. Hitzetage mit über 30 Grad Celsius machen Berliner Seniorinnen und Senioren im Bundesländer-Vergleich am meisten zu schaffen: Fast 70 Prozent häufiger als im Bundesdurchschnitt wurden sie wegen hitzebedingter Gesundheitsprobleme ins Krankenhaus eingewiesen. Brandenburger Seniorinnen und Senioren mussten 40 Prozent häufiger als im Bundes-Durchschnitt an Hitzetagen ins Krankenhaus. Konkret litten sie zum Beispiel an Hitzeerschöpfung, Hitzschlag, Herzinfarkt oder akutem Nierenversagen durch Flüssigkeitsmangel. Im Bundesländer-Ranking ist Brandenburg am dritthäufigsten betroffen.
Das hat eine Auswertung aller Krankenhausbehandlungen der über 65-Jährigen AOK-Versicherten im Zeitraum von 2008 bis 2018 ergeben, die vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) durchgeführt wurde.

Deutschlandweit kamen im Beobachtungszeitraum an einem Hitzetag mit über 30 Grad Celsius im Schnitt rund 40 Seniorinnen und Senioren hitzebedingt ins Krankenhaus. Das entspricht rund drei Prozent zusätzlicher Krankenhaus-Einweisungen an diesen Hitzetagen. Insgesamt hat rund jeder vierte AOK-Versicherte im Seniorenalter ein erhöhtes Risiko, an Hitzetagen gesundheitliche Probleme zu bekommen und deshalb ins Krankenhaus zu müssen.
Das geht aus dem Versorgungsreport „Klima und Gesundheit“, hervor, den das Wissenschaftliche Institut der AOK (WiDO) und das MCC heute vorgestellt haben.
Berlin und Brandenburg liegen mitten in einem „Hitzestress-Band“
„In Berlin und Brandenburg gibt es überdurchschnittlich viele Hitzetage mit mehr als 30 Grad Celsius“, erläutert Dr. Nicolas Koch vom MCC, der mit Hilfe von anonymisierten Daten unter anderem der AOK Nordost die Studie durchgeführt hat.
Das Berlin und Potsdam sich stärker aufheizen als ländliche Gebiete, liegt daran, dass in Großstädten mehr Flächen versiegelt sind als auf dem Land. Versiegelte Böden können kein Wasser verdunsten und tragen deshalb nicht zur Kühlung der Luft bei. Und zum zweiten liegt sowohl die Hauptstadt als auch die Mark mitten in einem „Hitzeschäden/Hitzestress-Band“, dass sich vom Weser-Ems-Gebiet bis zur Niederlausitz zieht. Die Küstenregionen und bergige Regionen sind hingegen viel weniger von Hitzetagen betroffen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa kamen die Seniorinnen und Senioren im Beobachtungszeitraum nur rund halb so oft ins hitzebedingt ins Krankenhaus wie im Bundesdurchschnitt.
Senioren mit Demenz und Alzheimer am meisten gefährdet
Besonders hitzegefährdet sind der Auswertung zufolge Seniorinnen und Senioren mit Demenz und Alzheimer. Sie haben ein erhöhtes Risiko für Dehydrierung, weil sie aufgrund ihrer Krankheit aktiv daran erinnert werden müssen, genug zu trinken. Aber auch Senioren, die an Niereninsuffizienz, Depressionen, Diabetes oder chronischen Atemwegserkrankungen leiden, werden der Studie zufolge an Hitzetagen signifikant häufiger ins Krankenhaus eingewiesen.
Nur jeder zweite nutzt Sonnencreme bei starkem Sonnenschein
Um einen künftigen Anstieg der hitzebedingten Krankenhauseinweisungen infolge des Klimawandels zu verhindern, ist konsequenter Klimaschutz die wichtigste Maßnahme. Nur so lässt sich vermeiden, dass die Zahl der Hitzetage noch weiter zunimmt. Aber auch das Wissen über die individuellen Schutzmaßnahmen gegen Hitze sollte durch mehr Aufklärung verbessert werden. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen deutschlandweiten Befragung durch das WIdO. Demnach geben zwar 87 Prozent der Befragten an, an Hitzetagen ihr Trinkverhalten anzupassen. Aber nur 61 Prozent der Befragten meiden konsequent den Aufenthalt im Freien während der Mittagszeit. Und nur 46 Prozent benutzen bei starker Sonneneinstrahlung eine Sonnencreme.

AOK Nordost unterstützt Pflegeeinrichtungen mit einer Schulung zum Thema
Die AOK Nordost engagiert sich dafür, die Personengruppen besser zu schützen, die am meisten durch die Hitze gefährdet sind.
„Wir wollen aktiv dazu beitragen, die Zahl hitzebedingter Krankenhaus-Einweisungen in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen zu reduzieren. Deshalb bieten wir allen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern in unserer AOK Pflege-Mediathek eine Online-Schulung zum richtigen Umgang mit Hitze an, die von den Pflegekräften absolviert werden kann. Die Materialien dafür können in der Pflege-Mediathek von registrierten Nutzern kostenfrei abgerufen werden“, sagt Anne Kaeks, Leiterin der Pflege Akademie der AOK Nordost.
Um pflegende Angehörige bei der Pflege zu Hause zu unterstützen, hat die AOK Nordost zudem das Programm Pflege in Familien fördern (PfiFf) aufgebaut. Ein Themenblatt für Interessierte widmet sich dem richtigen Verhalten bei Hitze und kann hier abgerufen werden.
Hitzeaktionsplan soll Präventionsmaßnahmen besser koordinieren
Die AOK Nordost begrüßt darüber hinaus das Aktionsprogramm zur Klimaanpassung in Berliner Pflegeheimen, welches derzeit von der Berliner Charité konzipiert wird. Es soll dazu beitragen, bei Hitzeperioden Gesundheitsstörungen in Pflegeheimen zu senken und damit unnötige Notarzteinsätze und Krankenhauseinweisungen zu verhindern.
Um Präventionsmaßnahmen gegen Hitze besser zu koordinieren, hat die Gesundheitsministerkonferenz im September 2020 zudem beschlossen, dass flächendeckend, vorrangig auf kommunaler Ebene, bis 2025 Hitzeaktionspläne erarbeitet vorlegen sollen. Die AOK Nordost bietet gerne an, bei der Erstellung solcher Aktionspläne zu unterstützen und daran mitzuarbeiten.
Anhang
Hinweis für die Redaktionen:
Für die Analyse der hitzebedingten Krankenhauseinweisungen wurden die Abrechnungsdaten aller vollstationären und ambulanten Krankenhausbehandlungen für AOK-Versicherte über 65 Jahre in den Jahren 2008 bis 2018 ausgewertet. Entsprechend dem Auftreten von Hitzetagen wurden nur die Monate Mai bis September betrachtet. Diese Daten wurden kombiniert mit hochaufgelösten, sattelitengestützten Wettermessungen. Anschließend wurden Versicherte, die stark bzw. wenig unter Hitze leiden, bezüglich ihrer Vorerkrankungsprofile miteinander verglichen.
Der Versorgungs-Report „Klima und Gesundheit“ gibt in der Gesamtheit einen Überblick über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit. In insgesamt 16 Fachbeiträgen stellen renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl die globale Bedeutung des Klimawandels für die Gesundheit als auch dessen Auswirkungen und Herausforderungen für die medizinische Versorgung in Deutschland dar. Thematisiert werden die resultierenden Gesundheitsbelastungen sowie der sich ergebende Handlungsbedarf, sei es auf struktureller und organisatorischer Ebene des Gesundheitswesens oder auf der Ebene des individuellen Verhaltens.