
Stress kann Engelchen und Teufelchen für uns sein: Positiver Stress (Eustress) kann unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit steigern, negativer Stress (Distress) hat den gegenteiligen Effekt. Hält er nur kurz an, schadet uns Stress nicht, langanhaltende Anspannung kann jedoch zu ernsthaften Erkrankungen führen. Hier erfährst du, woran du Eustress und Distress erkennst und wie du dein Stresslevel vorteilhaft und gesund managst.
Stress ist in unserer modernen Gesellschaft kein Randphänomen. Im Gegenteil: Laut einer aktuellen Umfrage fühlen sich 80 Prozent der Deutschen gestresst. Viele Menschen sind mit den Anforderungen ihres Alltags sogar so überfordert, dass sie ein Burn-out entwickeln und arbeitsunfähig werden. Der Fehlzeiten-Report 2021 der AOK hat ermittelt, dass 12 Prozent der Krankschreibungen auf psychische Erkrankungen zurückgehen. Doch Stress ist nicht immer nur negativ. Wie sich positiver Stress (Eustress) und negativer Stress (Distress) unterscheiden und welches Geheimrezept es für eine effektive Stressbewältigung im Alltag gibt, liest du bei GESUNDNAH.
Was ist Stress eigentlich?
Bestimmt kennst du das Gefühl: Dein Herz schlägt schneller, dein Atem beschleunigt sich, deine Muskeln sind angespannt, die Hände zittrig. Doch warum reagiert der Körper so, wenn wir beispielsweise nur noch eine Stunde Zeit haben, um eine Hausarbeit für die Uni zu beenden oder wenn wir von einem Termin zum nächsten hetzen?
Unseren Vorfahren hat diese Reaktion das Überleben gesichert. Der Körper und der Organismus reagieren permanent auf externe und interne Stressoren, sogenannte Reize. Das Gehirn empfängt diese Reize und löst verschiedene biochemische Prozesse aus, die den Körper in Alarmbereitschaft versetzen, dadurch können wir instinktiv und damit schneller reagieren. Stresshormone wie etwa Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol werden ausgeschüttet. Gehirn und Muskeln steht mehr Sauerstoff zur Verfügung, der Herzschlag beschleunigt sich, Blutdruck und Blutzuckerspiegel steigen an. Wir sind voller Energie.
Auch wenn wir uns heute nicht mehr vor einem wilden Tier in Sicherheit bringen müssen, in unserem Körper laufen die gleichen Vorgänge ab wie damals. Die heutigen Ursachen für Stresszustände sind vielfältig:
- Reizüberflutung
- Zeitdruck
- Leistungsdruck
- Konflikte
- Schicksalsschläge
Eustress: Positiver Stress kann beflügeln
Stress ist aber nicht immer nur negativ. Im Gegenteil: Es gibt Situationen, in denen er einen positiven Effekt hat. Er wird dann als „Eustress“ bezeichnet, das „eu“ ist eine griechische Vorsilbe, die „gut“ bedeutet. „Gut“ kann Stress etwa dann sein, wenn du ein Vorstellungsgespräch hast, eine wichtige Prüfung an der Uni absolvieren musst, eine Präsentation im Job hältst oder einen Marathon läufst. Eustress tritt also in Situationen auf, die herausfordernd und schwierig sein können, aber gleichzeitig als lösbar empfunden werden. Wann eine Situation als lösbar empfunden wird ist subjektiv. Jedem Menschen stehen unterschiedliche Ressourcen zur Verfügung, mit Stress umzugehen. Für den einen ist er stets präsent, wird als belastend, unangenehm oder sogar als bedrohlich empfunden, für den anderen ist er latent anwesend, aber wird gar nicht oder wenn, dann als anregend und herausfordernd erlebt.
Du erkennst den positiven Stress daran, dass du zwar angespannt bist, aber auch Gefühle der Euphorie, Freude und Begeisterung hast. Die freigesetzten Stresshormone führen dazu, dass du besonders aufmerksam und fokussiert bist. Bezieht sich der Stress nur auf einen kurzen Zeitraum und wird nicht als belastend empfunden, kann er beflügeln und dabei unterstützen, eine Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Wird diese gelöst, steigert das das Selbstvertrauen und erzeugt Zufriedenheit. So kann Eustress die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit sogar verbessern.
Ist der Zeitraum der Anspannung vorüber, werden keine Stresshormone mehr produziert. Der Eustress hat also keinen langfristigen, negativen Effekt auf Geist und Körper. Wichtig nach Phasen von Eustress sind jedoch Erholungsphasen zur Regeneration von Körper und Geist.
Distress: Negativer Stress kann krank machen
Es gibt nur einen Haken: Der Übergang von positivem zu negativem Stress ist fließend. Letzterer wird als „Distress“ bezeichnet, die lateinische Vorsilbe „dis“ bedeutet „schlecht“. Wie er sich äußert ist individuell, im Gegensatz zu Eustress wird er aber als belastend wahrgenommen. Wenn du dich überfordert und ängstlich fühlst oder Sorgen, Konzentrationsstörungen sowie Stimmungsschwankungen hast, deutet das auf Distress hin. Während Eustress sich auf einen bestimmten, kurzen Zeitraum bezieht, befindet sich der Körper bei Distress über längere Zeit in einem angespannten Zustand.
Gefährlich ist es, wenn der Distress chronisch wird. Dieser Zustand tritt ein, wenn wir uns immer wieder Situationen aussetzen, die Stress auslösen und zwischen den Stressphasen nicht ausreichend für Entspannung und Erholung sorgen. Der Körper schüttet dann durchgehend Stresshormone aus. Das kann zahlreiche negative Konsequenzen haben:
- Schwächung des Immunsystems
- Verspannungen
- Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen
- Magenschmerzen, Sodbrennen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen
- Schlafstörungen
- Essstörungen
- Psychische Störungen wie Depressionen und Burn-out
Anhaltender chronischer Stress kann ernsthaftere Erkrankungen nach sich ziehen:
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Nierenerkrankungen
- Stoffwechselstörungen
- Allergien
- Entzündungskrankheiten
- psychische Erkrankungen
Wie kann man Stress positiv bewältigen?
Der Clou bei der Stressbewältigung: Zu erkennen, wann Eustress in Distress übergeht. Das gelingt dir am besten, wenn du auf deinen Körper hörst und im Alltag stets hinterfragst, wie es dir gerade geht und ob du noch leistungsfähig bist oder eine Pause benötigst. Hast du bereits Stresssymptome wie Schlafstörungen, Verspannungen oder Kopfschmerzen? Dann steuere diesen gezielt entgegen, um zu verhindern, dass ein chronischer Stress-Zustand eintritt. Integrierst du genügend Erholungsphasen in deinen Alltag, werden die Stresshormone wieder abgebaut, die dein Körper in mental anstrengenden Phasen ausschüttet.
So baust du Adrenalin, Noradrenalin, Kortisol und Co. ab:
Bewegung und Sport
Wenn du dich bewegst, schüttet dein Körper Endorphine aus, die deine Stimmung verbessern und die Konzentration von Stresshormonen in deinem Körper senken. Idealerweise bewegst du dich nach der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche mäßig (zum Beispiel Treppensteigen) oder 75 bis 150 Minuten pro Woche intensiv (zum Beispiel Joggen). Zusätzlich empfiehlt die WHO zwei Mal pro Woche ein Muskelaufbautraining, zum Beispiel Sit-ups oder Bauch-Beine-Po-Übungen.
Du kannst dich aktuell nur dazu aufraffen, spazieren zu gehen? Bei Bewegung gilt immer: Besser wenig als gar nichts. Auch ein 30-minütiger Spaziergang verbessert dein Wohlbefinden.
Entspannung
Zudem solltest du Bewegungs- und Ruhephasen täglich in deinen Alltag einbauen. Verzichte auf Medien, um deinem Kopf eine Pause zu gönnen, wenn du viel sitzt, versuche dich zu bewegen, beispielsweise beim Telefonieren.Arbeitest du im Stehen, setze dich hin, leg die Füße hoch. Oft hilft, das Gegenteil von dem zu machen, was du üblicherweise machst. Letztendlich ist es aber individuell. Deswegen ist es sinnvoll, verschiedene Ansätze einfach einmal auszuprobieren.
Vielleicht passt eine dieser Entspannungsmethoden zu dir:
- Achtsamkeitsübungen
- Meditation, zum Beispiel die Gehmeditation
- Progressive Muskelentspannung
- Autogenes Training
- Yoga
Selbstfürsorge
Entspannungsmethoden sind ein Weg der Selbstfürsorge. Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, sich selbst etwas Gutes zu tun. Dazu gehören zum Beispiel:
- Gesunde, leckere Gerichte kochen: Eine gesunde Ernährung ist eine wichtige Grundlage für dein körperliches und geistiges Wohlbefinden.
- Genügend schlafen: Achte darauf, dass du sieben bis acht Stunden pro Nacht schläfst, damit sich dein Körper ausreichend erholen kann.
- Freundlich und liebenswürdig zu sich selbst sein: Behandle dich selbst so, wie du auch deine Freunde behandeln würdest. Sei wohlwollend und bewerte dich nicht, wenn dir etwas nicht gelingt. Erinnere dich regelmäßig daran, was gut an deinem Leben ist, indem zum Beispiel täglich drei Dinge aufschreibst, die du an diesem Tag als positiv wahrgenommen hast. Dieses Glückstagebuch lässt sich auch gemeinsam mit der Familie erstellen, indem zum Beispiel beim Abendessen jeder drei schöne Dinge aufzählt.
- Alkoholkonsum reduzieren: Du glaubst, Alkohol würde Stresssymptome lindern? Das Gegenteil ist der Fall. Je weniger du trinkst, desto besser ist das für dein allgemeines Wohlbefinden und dein Stresslevel.
Soziale Kontakte
Einen Ausgleich kannst du auch schaffen, indem du Freunde und Familie triffst und dich mit anderen austauscht. Um gesund zu bleiben, benötigen wir soziale Beziehungen. Du würdest gerne neue Bekanntschafte schließen? Dann melde dich doch zu einem Sportkurs an oder arbeite in einer Gruppe mit.
Professionelle Hilfe suchen
Wenn du das Gefühl hast, permanent unter Stress zu stehen und unter körperlichen Symptomen zu leiden, solltest du dir professionelle Unterstützung holen. Wende dich an deinen Hausarzt. Er kann dir dabei helfen, einen Psychotherapeuten zu finden.
Über den Gesundheitsnavigator der AOK findest du Ansprechpartner in deiner Nähe.
Auch bei der AOK Baden-Württemberg findest du Unterstützung. Es werden verschiedene Kurse und Programme zur Stressbewältigung angeboten, die du als Versicherter wahrnehmen kannst:
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