Reform

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG)

In Kraft getreten: 12.11.2022 5 Min. Lesedauer

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sicherstellen.

Auswirkungen auf Versicherte

  • Für 2023 ist aufgrund der mit diesem Gesetz verbliebenen Finanzierungslücken der gesetzlich festgelegte, durchschnittliche Zusatzbeitrag auf 1,6 Prozent gestiegen. In den Jahren 2021 und 2022 lag er noch bei 1,3 Prozent, 2020 bei 1,1 Prozent.

Auswirkungen auf Ärzte/ambulante Pflege

  • Das mit dem TSVG eingeführte zusätzliche Honorar für die Behandlung von Patienten, die erstmals (oder erstmals seit zwei Jahren) in der Arztpraxis behandelt werden, wird ab dem 1. Januar 2023 gestrichen.
  • Begrenzung des Honorarzuwachses für Zahnärztinnen und Zahnärzte: In 2023 dürfen die Punktwerte und Gesamtvergütungen (zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz) maximal um die um 0,75 Prozent geminderte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einkommen steigen (2024: um 1,5 Prozent gemindert).
  • Für durch die Terminservicestelle oder einen Hausarzt vermittelte Patienten erhalten die behandelnden Ärzte ab dem 1. Januar 2023 gestaffelte Zuschläge für besonders schnell realisierte Termine. Damit werden die im TSVG erstmals eingeführten Zuschläge deutlich erhöht: Ärzte erhalten 200 Prozent der Grund- und der Versichertenpauschale, wenn im Akutfall die Behandlung spätestens am Folgetag der Terminvermittlung beginnt. Abgestaffelt gibt es Zuschläge für einen Behandlungsbeginn am vierten Tag (100 Prozent), am 14. Tag (80 Prozent) oder am 35. Tag (40 Prozent).
  • Hausärzte erhalten für jede erfolgreiche Terminvermittlung zum Facharzt einen pauschalen Zuschlag von 15 Euro (bisher: 10 Euro).
  • Ob die extrabudgetären Zuschläge für einen schnellen Facharzttermin die gewünschte Wirkung erzielen, soll der Bewertungsausschuss bis Ende September 2023 evaluieren.

Auswirkungen auf Krankenhäuser/stationäre Pflege

  • Ab dem Jahr 2024 werden in Krankenhäusern nur noch Pflegepersonalkosten qualifizierter Pflegekräfte, die in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen eingesetzt sind, im Pflegebudget berücksichtigt. So soll eine Doppelfinanzierung von Pflegekosten ausgeschlossen werden.
  • Personalkosten von bisher im Pflegebudget berücksichtigten Berufsgruppen sollen ab 2024 wieder in das DRG-Vergütungssystem überführt werden.

Auswirkungen auf Krankenkassen

  • Für das Jahr 2023 erhöht die Bundesregierung ihren Zuschuss an den Gesundheitsfonds von derzeit 14,5 Milliarden Euro um zwei Milliarden Euro auf 16,5 Milliarden Euro.
  • Die gesetzlich festgelegten Obergrenzen für Finanzreserven der Krankenkassen werden auf das 0,5-fache einer durchschnittlichen Monatsausgabe abgesenkt (bisher: das 0,8-fache). Krankenkassen dürfen in 2023 ihren Zusatzbeitragssatz nicht anheben, solange sie über Finanzreserven oberhalb dieser Grenze verfügen. Ab 2024 gilt wieder die Obergrenze der 0,8-fachen Monatsausgabe.
  • Finanzreserven der Krankenkassen, die die gesetzliche Obergrenze übersteigen, sind innerhalb von zwei Jahren (bislang: drei Jahre) abzubauen. Im ersten der beiden Abbaujahre müssen die Kassen mindestens die Hälfte der die Obergrenze übersteigenden Finanzreserven abbauen (bisher: mindestens ein Drittel).
  • Finanzreserven der Krankenkassen oberhalb von 0,2 und unterhalb von 0,3 Monatsausgaben müssen zu 40 Prozent an den Gesundheitsfonds abgeführt werden. Rücklagen über 0,3 Monatsausgaben werden zu 60 Prozent abgeschöpft (Freibetrag für kleinere Krankenkassen: 4 Millionen Euro). Reserven unterhalb von 0,2 Monatsausgaben bleiben unangetastet.
  • Die Obergrenze der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds wird von derzeit 50 Prozent auf 25 Prozent einer Monatsausgabe abgeschmolzen. Finanzmittel jenseits dieser Obergrenze werden vollständig in die Einnahmen des Gesundheitsfonds im Folgejahr überführt.
  • Die sächlichen Verwaltungsausgaben der gesetzlichen Krankenkassen werden gedeckelt. Der Anstieg dieser Verwaltungsausgaben wird auf drei Prozent gegenüber dem Vorjahr begrenzt (ausgenommen sind gestiegene Aufwendungen für Datentransparenz und Sozialversicherungswahlen).
  • Das Zuweisungsvolumen für Krankenkassen aus dem Risikostrukturausgleich für Verwaltungsausgaben wird für das Ausgleichsjahr 2023 um 25 Millionen gekürzt. Die Mittel werden stattdessen der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt.
  • Gesetzliche Krankenkassen erhalten von Apotheken – befristet von Februar 2023 bis einschließlich Januar 2025 – einen Apothekenabschlag für Fertigarzneimittel und Apothekenzubereitungen von zwei Euro je Arzneimittelpackung. Bislang betrug dieser Abschlag 1,77 Euro.
  • Gesetzliche Krankenkassen erhalten von Apotheken für zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel – befristet vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2023 – einen erhöhten Herstellerabschlag in Höhe von zwölf Prozent ohne Mehrwertsteuer (bisher: sieben Prozent). Für patentfreie, wirkstoffgleiche Arzneimittel verbleibt es bei dem bisherigen Herstellerabschlag.
  • Der von Krankenkassen mit Arzneimittelherstellern ausgehandelte Erstattungspreis für ein neues Medikament mit einem neuen Wirkstoff gilt künftig ab dem siebten Monat nach Marktzutritt. Die Höhe des Erstattungspreises zulasten der GKV ist seit 2011 mit Inkrafttreten des AMNOG abhängig vom Ergebnis der Zusatznutzenbewertung. Bisher konnten die Pharmaunternehmen den Erstattungspreis zwölf Monate nach der Zulassung frei festsetzen.
  • Krankenkassen erhalten vom jeweiligen Arzneimittelhersteller einen Abschlag in Höhe von 20 Prozent des Erstattungsbetrages, wenn das neue Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen in einer vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) benannten Kombination eingesetzt wird (betrifft vor allem Kombinationstherapien in der Krebsbehandlung) und dem GBA keine Hinweise für einen beträchtlichen Zusatznutzen dieser Kombinationstherapie vorliegen.
  • Für neue Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die von Patienten aufgrund einer überdimensionierten Packungsgröße zur Therapie einer Krankheit nicht vollständig genutzt werden können, erhalten die Krankenkassen einen Abschlag von 20 Prozent auf den vereinbarten Erstattungspreis. Als unwirtschaftlich wird eine Packungsgröße dann definiert, wenn bei mindestens einer Patientengruppe mehr als 20 Prozent des Inhalts einer Medikamentenpackung nicht zu benutzen sind.
  • Die Pflicht der Krankenkassen, im Falle eines gestiegenen Zusatzbeitrages ihre Mitglieder per Brief über das damit verbundene Sonderkündigungsrecht und den Wechsel zu einer günstigeren Kasse zu informieren, wird bis Ende Juni 2023 ausgesetzt. Die Krankenkassen haben ihre Mitglieder auf andere geeignete Weise zu informieren, etwa in Mitgliederzeitschriften oder auf ihrem Internetauftritt.
  • Krankenkassen werden verpflichtet, ihre Versicherten über die Möglichkeit zu informieren, die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen für die Vermittlung eines Behandlungstermins bei einem Arzt oder anderem Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen.

Auswirkungen auf Finanzierung

  • Die Umsatzschwelle für Arzneimittel, die zur Behandlung eines seltenen Leidens zugelassen worden sind, wird von derzeit 50 Millionen Euro auf 30 Millionen Euro reduziert. Oberhalb dieser Umsatzschwelle wird ein Nutzenbewertungsverfahren eingeleitet. Die sogenannten Orphan Drugs gelten als wesentlicher Kostentreiber der Arzneimittelausgaben in der GKV. Unterhalb der Umsatzschwelle wird der Zusatznutzen weiterhin auch ohne Prüfung angenommen. Die Bundesregierung erwartet Einsparungen für die gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von 50 Millionen Euro pro Jahr.
  • Das im August 2010 eingeführte Preismoratorium im Arzneimittelbereich wird um vier Jahre bis zum 31. Dezember 2026 verlängert. Demzufolge steht den Krankenkassen ein Preisabschlag in der Höhe zu, in der ein Hersteller den Abgabepreis eines patentgeschützten Arzneimittels über den Preisstand vom 1. August 2009 erhöht. Lediglich eine inflationsbedingte Preiserhöhung (3,1 Prozent) ist möglich. Die Verlängerung des Preismoratoriums soll zur Stabilisierung der Ausgaben für Arzneimittel sorgen und ansonsten zu erwartende Kostensteigerungen in Höhe von mindestens 1,8 Milliarden Euro pro Jahr verhindern.
  • Die Erhöhung des Apothekenabschlags auf zwei Euro führt in der GKV voraussichtlich zu Einsparungen in Höhe von rund 170 Millionen Euro.
  • Die zeitlich befristete Erhöhung des allgemeinen Herstellerabschlags für patentgeschützte Medikamente auf zwölf Prozent (bisher: 7 Prozent) führt im Jahr 2023 zu Einsparungen in Höhe von voraussichtlich rund einer Milliarde Euro.
  • Durch die rückwirkende Geltung des Erstattungsbetrages für neue Medikamente mit neuen Wirkstoffen ab dem siebten Monat erzielt die GKV voraussichtlich Einsparungen in Höhe von rund 150 Millionen Euro im Jahr.
  • Durch verpflichtende Preis-Mengen-Vereinbarungen in Erstattungsbetragsvereinbarungen für neue Medikamente mit neuen Wirkstoffen entstehen Einsparungen von bis zu 100 Millionen Euro im Jahr.
  • Für neue Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die von Patienten aufgrund einer unwirtschaftlichen Packungsgröße nicht vollständig genutzt werden können, erhalten die Krankenkassen einen Abschlag von 20 Prozent auf den vereinbarten Erstattungspreis. Der Gesetzgeber erhofft sich dadurch Einsparungen von etwa 50 Millionen Euro jährlich.
  • Die Einführung des Kombinationsabschlages für neue Medikamente mit neuen Wirkstoffen in Höhe von 20 Prozent soll zu Einsparungen von jährlich bis zu 185 Millionen Euro führen.

Beitragssatz

14,6 % (+ evtl. Zusatzbeitrag Seit 2009 erhalten die gesetzlichen Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben Zuweisungen aus dem… )