Mindestmengen
Mindestmengen haben das Ziel, dass besonders anspruchsvolle, komplizierte und planbare Operationen und Behandlungen nur in Kliniken durchgeführt werden, die über ein Mindestmaß an Erfahrung verfügen.
Instrument für mehr Patientensicherheit
Mindestmengen – also Untergrenzen für bestimmte Leistungsmengen – sind ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung a) Qualitätssicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung: Vertragsärzte, Krankenhäuser und… in der stationären Versorgung. Sie dienen dazu, die notwendige Erfahrung bei hochkomplexen Leistungen sicherzustellen und damit das Risiko für Patientinnen und Patienten zu minimieren.
Deshalb hat die Bundesregierung mit dem Krankenhausstruktur-Gesetz (§ 136 b Abs. 1 Nr. 2 sowie Abs. 3 und 4 SGB V) die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für eine rechtsklare Gestaltung der Mindestmengen-Regelung umgesetzt. Ein Krankenhaus Krankenhäuser sind Einrichtungen der stationären Versorgung, deren Kern die Akut- beziehungsweise… , das die Mindestmenge für eine Leistung nicht erreicht, darf diese in der Regel nicht erbringen. Die Klinik hat dann auch keinen Anspruch auf Vergütung Die Leistungserbringer im Gesundheitswesen werden nach unterschiedlichen Systemen vergütet. Die… durch die gesetzlichen Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… .
Mindestmengen basieren auf Studien, die einen Zusammenhang zwischen Routine und Behandlungsergebnis belegen: In Kliniken, die die Mindestmengen einhalten, sind das Sterblichkeitsrisiko und das Risiko für Komplikationen bei den behandelten Patientinnen und Patienten deutlich niedriger als in Krankenhäusern, die nur wenige Eingriffe pro Jahr durchführen. Daher sind die gesetzlichen Mindestmengen ein wichtiges Instrument für mehr Patientensicherheit.
Mangelhafte Umsetzung in der Vergangenheit
In der Vergangenheit sind die Mindestmengen in vielen Fällen nicht konsequent umgesetzt worden. Sowohl die Krankenkassen als auch die für die Krankenhausplanung Die Planung von Krankenhäusern steht in der Verantwortung der Bundesländer, die damit die… zuständigen Bundesländer konnten den Kliniken komplizierte Behandlungen nicht verbieten, obwohl diese die vorgegebenen Fallzahlen nicht erreichten. Ursache war eine Vielzahl von ungeregelten Tatbeständen, die oftmals Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen waren. Auch fehlende Sanktionsmöglichkeiten trugen dazu bei, dass viele Kliniken die Mindestmengen nicht einhielten.
Geänderte Regeln greifen seit Mitte 2019
Mit dem Krankenhaus-Strukturgesetz vom 1. Januar 2016 hat der Gesetzgeber einen neuen gesetzlichen Rahmen geschaffen. Ziel war es, die rechtssichere Umsetzung der Mindestmengen zu verbessern. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat auf dieser Basis eine neue Mindestmengen-Regelung beschlossen, die am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist und seit Mitte 2019 greift: Bis zu einem Stichtag Mitte des jeweiligen Jahres müssen die Krankenhausträger den Krankenkassen in ihrem Bundesland ihre aktuellen Fallzahlen für die Mindestmengen-relevanten Behandlungen melden. Die Landesverbände der Krankenkassen prüfen diese Angaben und entscheiden dann, ob sie die Prognose akzeptieren oder sie aufgrund begründeter Zweifel widerlegen.
Mindestmengen werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegt
Die Mindestmengen-Regelungen werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) im Rahmen seiner Aufgaben zur Qualitätssicherung beraten und beschlossen. In der Verfahrensordnung des GBA ist der Prozess zur Einführung einer neuen Mindestmenge im Detail festgelegt. Dazu gehören eine systematische Literaturrecherche und eine umfangreiche Folgenabschätzung. Zudem müssen vor der Einführung neuer Mindestmengen die zuständigen medizinischen Fachgesellschaften angehört werden. Auf dieser Basis dieser Vorarbeiten wird die Mindestmenge vom GBA normativ festgelegt. Die konkreten Schwellenwerte lassen sich kaum wissenschaftlich ableiten. Der grundsätzliche Zusammenhang zwischen der Anzahl der Leistungen und der Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im Rahmen der… der Behandlungsergebnisse kann für viele Behandlungen wissenschaftlich klar nachgewiesen werden. Aufgrund unterschiedlicher Vorbedingungen in den einzelnen Studien ist es aber schwer, daraus eine konkrete Fallzahl Summe aller Abrechnungsfälle in einem Abrechnungszeitraum. -Untergrenze abzuleiten. Es handelt sich somit um einen normativen Akt – vergleichbar mit der Geschwindigkeitsbegrenzung auf Straßen.
Aktuelle Mindestmengen-Regelungen
Die Mindestmengen-Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses sehen 2026 für zehn planbare Leistungen Mindestmengen vor:
- Lebertransplantation (inklusive Teilleber-Lebendspende): 20 Fälle pro Jahr
- Nierentransplantation (inklusive Lebendspende): 25 Fälle pro Jahr
- Komplexe Eingriffe am Organsystem Ösophagus (Speiseröhre): 26 Fälle pro Jahr
- Komplexe Eingriffe am Organsystem Pankreas (Bauchspeicheldrüse): 20 Fälle pro Jahr
- Allogene Stammzelltransplantation: 40 Fälle pro Jahr
- Kniegelenk-Totalendoprothesen: 50 Fälle pro Jahr
- Versorgung von Früh- und Reifgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm: 25 Fälle pro Jahr
- Thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs: 75 Fälle pro Jahr
- Chirurgische Behandlung von Brustkrebs: 100 Fälle pro Jahr
- Herztransplantation: 10 Fälle pro Jahr.
Die Krankenhausträger legen jährlich alle für eine Prognose erforderlichen Sachverhalte dar. Die Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen Ersatzkassen waren ursprünglich privatrechtlich organisierte Versicherungsvereine auf… prüfen diese und stimmen der Prognose entweder zu oder widersprechen ihr bei begründeten Zweifeln.
AOK-Transparenzkarte zeigt die aktuellen Fallzahlen
Das Ergebnis dieses Prozesses zeigt die Mindestmengen-Transparenzkarte der AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Gemeinschaft: Sie bildet alle Kliniken in Deutschland ab, die seit 2020 Mindestmengen-relevante Operationen mit besonders hohen Risiken für die Patientinnen und Patienten durchführen dürfen – inklusive der von den Kliniken gemeldeten Fallzahlen. Diese können Patienten und einweisenden Ärzten wichtige Hinweise auf die Routine der operierenden Ärzte geben. Denn eine positive Prognose konnten auch Kliniken erhalten, die die notwendige Zahl von OPs aus organisatorischen oder personellen Gründen nicht erbracht haben – aber glaubhaft nachweisen konnten, dass die Gründe dafür ausgeräumt wurden. So wurden in den vergangenen Jahren in den Entscheidungsrunden beispielsweise die Covid-19-Pandemie und die daraus resultierenden Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Mindestmengen berücksichtigt.
Die Mindestmengen-Transparenzkarte zeigt auch, welche Kliniken ihre "Leistungserlaubnis" das erste Mal oder nach einer mindestens zweijährigen Unterbrechung erhalten haben (blaue Punkte). Diese Krankenhäuser müssen in den ersten zwölf Monaten der Leistungserbringung nur 50 Prozent der erforderlichen Mindestmenge erfüllen und erst im zweiten Jahr muss die geforderte Leistungsmenge vollständig erreicht werden. Leistungszahlen für diese zwei gesonderten Jahre können erst nach Ablauf des jeweiligen Zeitraumes angegeben werden.
Zudem zeigt die Karte die seltenen Fälle, in denen Kliniken ihre OP-Berechtigung durch die zuständige Landesbehörde im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen erhalten haben, um die flächendeckende medizinische Versorgung in dem jeweiligen Land sicherzustellen (orange Punkte). Sämtliche Informationen aus der Karte fließen auch in den Gesundheitsnavigator der AOK ein, der Patienten und Ärzte über die Qualität von Kliniken informiert.
Krankenhäuser, die auf der Karte nicht auftauchen, dürfen die jeweilige Behandlung nicht durchführen. Sie können sie infolgedessen auch nicht mit der AOK oder mit den anderen Krankenkassen abrechnen.
Die Mindestmengen-Transparenzkarte wird monatlich aktualisiert, da sich auch im Laufe des Jahres Änderungen ergeben können – zum Beispiel, wenn weitere Kliniken die Mindestmengen-relevante Leistung erstmalig erbringen. Der aktuelle Stand der Karte ist für jede Behandlung in der Karte angegeben. Eine vollständige Aktualisierung aller Daten erfolgt Ende 2026, wenn die Landesverbände der Krankenkassen entschieden haben, welche Kliniken im Jahr 2027 Mindestmengen-relevante Operationen durchführen dürfen.
Die bundesweite Mindestmengen-Transparenzliste, die als PDF-Dokument unter der Karte steht, wird ebenfalls laufend aktualisiert und enthält alle Informationen aus der Karte in Form von Listen für die einzelnen Bundesländer.
Zusätzliche Mindestmengen in Vorbereitung
Die Mindestmengen haben in mehreren Leistungsbereichen bereits zu einer deutlichen Konzentration von Leistungen geführt. Zudem ist die Transparenz, die durch die regelmäßige Meldung der Fallzahlen an die Krankenkassen entsteht, ein wichtiger Fortschritt. Aus Sicht der AOK ist es aber mit einer Durchsetzung der bereits bestehenden Mindestmengen für zehn Behandlungen nicht getan: Eine Ausweitung auf weitere Operationen und Eingriffe, bei denen der Zusammenhang zwischen Menge und Behandlungsergebnis in Studien nachgewiesen werden konnte, ist notwendig. Die Einführung zusätzlicher Mindestmengen für Operationen bei Darmkrebs oder Hüftprothesen-Implantationen ist aus Sicht der AOK sinnvoll. Bei all diesen Indikationen operieren immer noch zu viele Kliniken mit zu wenig Routine und zu geringen Fallzahlen. Die Folgen für die behandelten Patientinnen und Patienten sind mitunter fatal: Sie reichen von häufigeren Komplikationen bis zu erhöhten Sterblichkeitsraten.
Der GBA hat bereits zwei zusätzliche Mindestmengen zur kolorektalen Chirurgie beschlossen, die ab Januar 2027 „scharf geschaltet“ werden und dann von den Kliniken umzusetzen sind. Für die Chirurgie bei Magenkarzinom und für Major-Leberresektion wird voraussichtlich ab Januar 2027 eine zweijährige Übergangsphase bis zur verbindlichen Umsetzung der Mindestmengen durch die Kliniken ab Januar 2029 gestartet.
Zudem berät der GBA über Mindestmengen für zwei Korrekturoperationen bei seltenen angeborenen Fehlbildungen des Darms, die bei Kindern vorkommen. Es handelt sich um Fehlbildungen des Enddarms und Anus (anorektale Malformationen) sowie um korrigierende Eingriffe bei Morbus Hirschsprung. Beide Erkrankungen führen zu funktionellen Störungen, die – je nach Ausprägung – lebensbedrohlich sein können. Weil es zu den beiden seltenen Erkrankungen nur wenige Studien gibt, hat sich der GBA hierbei auf ein ergänzendes methodisches Vorgehen verständigt: Werden keine hinreichend aussagekräftigen Studien gefunden, kann unter Einbezug klinischer Expertise ein Erkenntnistransfer von einer anderen Patientengruppe oder einem vergleichbaren Eingriff in Betracht gezogen werden.
Evaluation der bestehenden Mindestmengen mithilfe von Sozialdaten
Im Juni 2025 hat der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen, die bei den Krankenkassen und bei den Leistungserbringern vorliegenden Patientendaten zu mindestmengenrelevanten Behandlungen zur Evaluation und Weiterentwicklung der bestehenden Mindestmengen zu nutzen. Die dafür erforderlichen Sozialdaten werden dazu versichertenbezogen an eine speziell für solche Zwecke eingerichtete Vertrauensstelle übermittelt. Dort werden sie zusammengeführt, pseudonymisiert und an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) Das GKV-Finanzstruktur- und Qualitätsentwicklungsgesetz (GKV-FQWG) vom 21. Juli 2014 hat den… zur Auswertung weitergeleitet. Ziel dieser Auswertungen ist es, die Vor- und Nachteile der Mindestmengen für die Versorgung der Patientinnen und Patienten wissenschaftlich zu evaluieren. Bei der Übermittlung und Verarbeitung der Daten gelten höchste Datenschutz Der Datenschutz ist in der Sozialversicherung von besonderer Bedeutung, da ihre Träger auf eine… -Standards; ein Rückschluss auf einzelne Patientinnen und Patienten wird durch die angewendeten Verfahren zur Anonymisierung und Pseudonymisierung der Daten verhindert.