Artikel Versorgung

Wider die Bettenquote: Neue Impulse für die sektorenübergreifende Versorgung

04.11.2025 Anja Schnake 3 Min. Lesedauer

Seit Jahrzehnten wird über die strikte Trennung von ambulantem und stationärem Sektor geklagt. Kassen und Kliniken zeigen den Weg zu einer funktionierenden sektorenübergreifenden Versorgung auf.

Ältere Frau lächelt im Patientenzimmer, eine Pflegekraft hält ihre Schulter.
Sektorenübergreifende Versorgung entlastet Kliniken, indem sie vermeidbare Krankenhausaufenthalte reduziert.

Ambulante Strukturen zu stärken und Kliniken von vermeidbaren Patientenaufenthalten zu entlasten, gehört seit vielen Jahren zu den komplexesten Aufgaben der Gesundheitspolitik. Das Bundesland Baden-Württemberg hat das Thema sogar ausdrücklich zur Aufgabe der Krankenhausplanung gemacht – als Konsequenz der Erfahrungen mit dem Modellprojekt „Sektorenübergreifende Versorgung in Baden-Württemberg“. „Die sektorenübergreifenden Versorger sind, richtig ausgestaltet, ein wichtiger Baustein, um die medizinische Grundversorgung sicherzustellen“, sagt Dr. Layla Distler, Leiterin des Referats Krankenhausplanung und sektorenübergreifende Versorgung im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg, in der neuen Ausgabe von „Blickpunkt Klinik“.

Mehr Flexibilität, verlässliche Finanzierung

Wie dieser Baustein aussehen sollte, haben Asklepios, Sana, die Thüringen-Kliniken, der Deutsche Evangelische Krankenhausverband (DEKV) und die AOK in einem gemeinsamen Impulspapier skizziert. „Die regionalen Akteure brauchen mehr Spielraum, um innovative, bedarfsgerechte und effiziente Versorgungsformen umzusetzen“, betont Joachim Gemmel, CEO der Asklepios Kliniken, „die starre Krankenhauslogik muss einer flexiblen Rahmendefinition weichen. “ Wichtig sei auch eine verlässliche Finanzierungsbasis, ergänzt Sana-Chef Thomas Lemke: „Mittlerweile haben wir für die Vergütung von ambulanten Leistungen im Krankenhaus eine Vielzahl von Vergütungssystemen – das führt in der Praxis zu überflüssiger Bürokratie.“

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Betten häufig überflüssig

Dem Papier zufolge, das die Autoren im September an das Bundesgesundheitsministerium übermittelt haben, sollen sich die künftigen Standorte stärker auf niedrigschwellige Angebote an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung konzentrieren, als dies derzeit vorgesehen ist. Vor allem die Pflicht zur stationären Versorgung, die Paragraf 115g SGB V in seiner aktuellen Fassung vorsieht, soll entfallen. Stattdessen könnte der Leistungsumfang eines Standortes der sektorenübergreifenden Versorgung (SÜV) je nach regionalem Bedarf von den Landesbehörden gemeinsam mit Klinikträgern und Krankenkassen festgelegt werden. „Ein reformiertes SÜV-Modell kann Krankenhausfälle vermeiden, Liegezeiten verkürzen und die Produktivität der stationären Versorgung steigern. Es leistet einen substanziellen Beitrag zur Ambulantisierung – wenn es denn richtig gemacht wird“, sagt Christoph Radbruch, Vorsitzender des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV).

Gefahr für die stationären Angebote?

Dass aus der Umwandlung von Kliniken in SÜV-Standorte Versorgungslücken entstehen, ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen kaum zu erwarten: Deutschland verfügt mit mehr als 2.000 Klinikstandorten über ein dichtes Versorgungsnetz. Innerhalb der Plankrankenhäuser werden zudem jedes Jahr sogenannte Sicherstellungshäuser definiert, die in strukturschwachen Regionen die stationäre Versorgung gewährleisten – sie blieben auch dann bestehen, wenn das gesamte Potenzial an SÜV ausgeschöpft würde. Auch Thomas Krönert, Geschäftsführer der Thüringen Kliniken in Saalfeld, macht sich daher für das Konzept stark: „In einer Region wie Thüringen, die stark von Versorgungsengpässen betroffen ist, sind innovative Lösungen dringend geboten.“

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