Wie der GBA die Versorgung von Kindern verbessern will
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) will Operationen bei Fehlbildungen und seltenen Erkrankungen des Darms mit Mindestmengen belegen – eine Maßnahme zur Qualitätssicherung, die polarisiert.
Kliniken, die angeborene Fehlbildungen des Enddarms, sogenannte anorektale Malformationen (ARM), korrigieren, sollen künftig bestimmte Fallzahlen bei dieser Behandlung vorweisen müssen. Entsprechende Beratungen hat der GBA im Oktober angestoßen. Auch für Operationen bei Morbus Hirschsprung, einer neuronalen Erkrankung des Dickdarms bei Kindern, sollen die Kliniken künftig ihre Erfahrung anhand von Fallzahlen belegen. Die Qualität der Versorgung soll sich damit insgesamt verbessern. Wolf-Dietrich Trenner, Patientenvertreter bei der Landesgeschäftsstelle LAG DeQS – Qualitätsbüro Berlin (QBB), begrüßt die Maßnahme: „Gerade bei den invasiven Leistungen im Krankenhaus sind Mindestmengen eine Frage der Sicherheit für Leib und Leben“, betont er im aktuellen Krankenhaus-Newsletter „Blickpunkt-Klinik“.
Viele Häuser operieren nicht mal einen Fall pro Jahr
Hintergrund der neuen Beratungen ist, dass die seltenen Erkrankungen bisher an vielen Kliniken operiert werden: Bei zirka 300 Kindern, die mit ARM geboren werden, übernahmen von 2020 bis 2022 insgesamt 109 Kliniken die Versorgung – darunter 28 mit weniger als einem Fall pro Jahr. Noch höher ist der Anteil der Gelegenheitsversorger bei Morbus Hirschsprung. Für beide Indikationen haben etwa die Niederlande eine Mindestmenge von 20 Fällen pro Jahr eingeführt. In Deutschland dagegen wird das Instrument bekämpft. Im Sommer 2025 haben drei Bundesländer – Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt – eine gemeinsame Verfassungsklage gegen die Mindestmenge für die Versorgung extrem kleiner Frühchen, die Transplantation allogener Stammzellen und die Personalvorgaben für psychiatrische Kliniken eingereicht.
Kompetenzgerangel statt Patientensicherheit
Für Trenner ist die Klage „verantwortungslos und ein schwerer Vertrauensbruch hinsichtlich des aufrichtigen Einsatzes der Landesregierungen für Gesundheit und Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger“. Viel zu selten gehe es in der öffentlichen Diskussion um die Schäden, die bei einem Mangel an Erfahrung drohen. Der Kinderarzt und Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner (Die Grünen) pflichtet ihm bei. Die Klage sende ein „schwieriges Signal“, sagt der Coburger Mediziner: „Kompetenzgerangel steht hier dem Wohl der kleinsten und verletzlichsten Patientinnen und Patienten gegenüber.“ Doch die Menschen müssten sich darauf verlassen können, dass in Bayern die gleiche Qualität angeboten werde wie in Niedersachsen.
Hürden für Mindestmengen
Höhere Fallzahlen sorgen durch das Bündeln von Leistungen für mehr Qualität. Bei der Festlegung und Umsetzung werden aber auch zahlreiche Rahmenbedingungen der Versorgung berücksichtigt. So kann der GBA Mindestmengen nur beschließen, bei denen die Qualität der Behandlung nachweislich von bestimmbaren Fallzahlen abhängt. Der Mengeneffekt muss belegt sein, längere Anfahrtswege dürfen keine neuen Risiken erzeugen. Bei der jährlichen Genehmigung berücksichtigen die Krankenkassen auch personelle, strukturelle oder sogar weitere Gründe der Kliniken, wenn sie eine geforderte Anzahl von Patienten nicht erreichen. Zudem gelten bei jeder Änderung einer Mindestmenge Übergangsfristen – wie auch für Kliniken, die eine Mindestmengenleistung erstmals oder nach Unterbrechung erneut anbieten wollen.
Dass die Krankenhausplanung der Länder durch den GBA eingeschränkt sei, kann Wagner nicht nachvollziehen: „Ich würde mir wünschen, dass die Länder ihre Energie darauf verwenden, gemeinsam mit dem Bund eine flächendeckende, qualitätsorientierte Versorgung sicherzustellen, statt eine solche Klage einzureichen.“
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