Zusatzbeitrag 2026: Krankenkassen zweifeln an Entlastungswirkung
Die Krankenkassen sind skeptisch, dass das von der Bundesregierung beschlossene „kleine Sparpaket“ ausreicht, um einen weiteren Anstieg der Zusatzbeiträge zu verhindern. Der vom GKV-Schätzerkreis für 2026 empfohlene durchschnittliche Zusatzbeitrag von 2,9 Prozent sei eine politisch motivierte Entscheidung, die die realistische Finanzentwicklung nicht widerspiegele. Der Schätzerkreis hatte sich gestern auf keine gemeinsame Ausgabenprognose für 2026 einigen können. Die Finanzexperten der Kassen rechnen mit höheren Ausgaben als das Bundesgesundheitsministerium (BMG) und das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS).
Die Empfehlung eines Zusatzbeitragssatzes für 2026 auf dem in der Praxis bereits jetzt erreichten Niveau bedeute „keine Entwarnung“, erläuterte Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV). Der von den Expertinnen und Experten des BMG, des BAS und des GKV-SV empfohlene Wert für 2026 liegt 0,4 Prozentpunkte über der ursprünglich für das laufende Jahr festgesetzten Marke. Im Kassen-Schnitt hat der Wert inzwischen aber schon 2,94 Prozent erreicht. Die Spanne der kassenindividuellen Zusatzbeiträge reicht bei den bundesweit geöffneten Krankenkassen von 2,18 bis 4,4 Prozent.
Für 2025 berechnete der Schätzerkreis die voraussichtlichen Ausgaben einvernehmlich mit rund 346,6 Milliarden Euro. Für 2026 rechnen BMG und BAS mit Ausgaben in Höhe von 369 Milliarden Euro; der GKV-SV prognostiziert 369,5 Milliarden. Viele Kassen müssten 2026 ihre gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen weiter auffüllen, sagte Blatt. „Diesen zusätzlichen Finanzierungsbedarf berücksichtigt der Schätzerkreis bei seiner Prognose nicht.“
Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer, wies darauf hin, dass die Schätzung zur Einnahmenentwicklung teilweise auf Darlehen des Bundes für die Jahre 2025 und 2026 basiere. „Das bedeutet also, dass der festzulegende durchschnittliche Zusatzbeitrag zum Teil kreditfinanziert sein wird, aber das Darlehen irgendwann auch zurückgezahlt werden muss“, so Hoyer.
Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, sprach von „Augenwischerei“ und kritisierte, dass die politisch Verantwortlichen nicht den Mut hätten, diese Wahrheit zu vermitteln. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) sprach ebenfalls davon, dass die Finanzprobleme der Kassen lediglich „vertagt“ würden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB kritisierte, dass der empfohlene Zusatzbeitrag für 2026 nicht geeignet sei, das ständige Steigen der Ausgaben zu stoppen. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel bemängelte, dass der Bund die Beiträge für Bürgergeld-Beziehende nicht kostendeckend übernehme, was zu Lasten der Versicherten gehe.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte sich gestern schon vor der Entscheidung des Schätzerkreises auf einen Zusatzbeitrag von 2,9 Prozent festgelegt. Dies begründete sie mit dem am Mittwochvormittag vom Bundeskabinett beschlossenen „kleinen Sparpaket“. Es soll die GKV 2026 um zwei Milliarden Euro entlasten. Die Maßnahmen betreffen die Krankenhäuser mit 1,8 Milliarden Euro sowie die Krankenkassen und den GKV-Innovationsfonds mit jeweils 100 Millionen Euro. (tie)
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