Laumann: Pflegeversicherung braucht Generalüberholung
Bei einer Veranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der Pflegeversicherung in Berlin hat Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eine Neujustierung der sozialen Pflegeversicherung (SPV) gefordert. Sie sei zwar eine „sozialpolitische Errungenschaft“. Gleichzeitig gehöre zu einer ehrlichen Bilanz aber auch, „dass die soziale Pflegeversicherung nach 30 Jahren eine Generalüberholung braucht“, sagte der CDU-Politiker.
Es gehe vor allem um den Ersatz versicherungsfremder Leistungen, um eine Entschlackung des Regelungsdickichts sowie um eine Neuausrichtung auf die häusliche Pflege. „Richtig ärgerlich“, so Laumann, sei, dass die Pflegeversicherung Rechnungen übernehme, die von allen, also aus Steuermitteln, zu bezahlen seien. So schulde der Bund den Kassen aus der Coronazeit 5,6 Milliarden Euro. Zudem nannte er die Ausbildungskosten: „Von den rund fünf Milliarden Euro werden nur neun Prozent vom Staat übernommen.“ Auch die Klinikreform müsse von allen finanziert werden. Um die Finanzierung langfristig zu stabilisieren, brauche es eine Gesamtschau: „Wie spielt die Pflegeversicherung mit den anderen Sozialversicherungssystemen zusammen? Welche Möglichkeiten gibt es, im System die finanziellen Mittel besser zu lenken?“, fragte Laumann.
Das Leistungsrecht müsse insgesamt vereinfacht werden und die Sozialgesetzgebung „eine Entsäulung“ erfahren. Nur was transparent sei, schaffe Vertrauen. „Am besten kehren wir zu den Grundlagen von Heiner Geißler und Norbert Blüm zurück. Die wussten, was sie tun“, sagte Laumann. Der NRW-Minister forderte zudem, künftig den Fokus auf die häusliche Pflege zu legen. Ein Punkt sei die Vereinbarkeit von Beruf und privater Pflegeverantwortung. „Die Menschen werden länger arbeiten und parallel zum Beispiel ihre Eltern pflegen“, erläuterte Laumann und verwies auf das „Landesprogramm zur Vereinbarkeit von Beruf & Pflege NRW“, dem sich bereits mehr als 450 Unternehmen angeschlossen haben. „Das läuft wie Schmitz‘ Katze.“
Auch bei einer anschließenden Diskussion ging es um pflegende Angehörige. Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft an der Charité, sowie Alexia Zurkuhlen, Vorständin des Kuratoriums Deutsche Altershilfe, forderten den Ausbau von Netzwerken zu Caring Communities. „Hier kann man anknüpfen an die sorgenden Gemeinschaften des Paragrafen 123 SGB XI, um Ressourcen besser zu organisieren und zu nutzen“, schlug Zurkuhlen vor. Kuhlmey betonte: „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege wird das Zukunftsthema sein, sonst bricht uns die häusliche Pflege weg.“ (sg)