Stiftung Warentest: PKV-Tarife haben Lücken
Eine private Krankenversicherung bietet im Vergleich zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung laut Stiftung Warentest „nicht per se besseren Schutz im Krankheitsfall“. Zu diesem Ergebnis kommen die Tester in einer Analyse von 1.245 Tarifkombinationen von Privatversicherern. Nur ein knappes Drittel der untersuchten Tarife gewährt demnach „einen Rundum-Schutz“. Insgesamt ist die Mehrheit der Befragten mit ihrer Gesundheitsversorgung unabhängig von der Versicherungsart zufrieden.
Uneingeschränkt empfehlenswert sieht die Stiftung Warentest die Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung lediglich für Beamte, da der Staat einen Großteil der Kosten im Alter übernimmt. Angestellte und Selbstständige sollten sich fragen, „ob sie sich die enormen Beiträge auch im Alter langfristig leisten können“, sagt die Vorständin der Stiftung Warentest, Julia Bönisch. Die Verbraucherorganisation rät zu einer intensiven Abwägung. „Sehr viele PKV-Tarife haben Lücken“, so Bönisch weiter. Viele leisteten weniger als gesetzliche Krankenkassen. Defizite machten die Tester beispielsweise bei der Palliativpflege, bei ambulanter Psychotherapie oder bei digitalen Anwendungen wie Ernährungs-Apps aus.
Nur insgesamt 384 Tarife der mehr als 1.200 untersuchten Kombinationen können die Verbraucherschützer empfehlen. Interessierte sollten bei der Wahl genau hinschauen, da der Unterschied zwischen dem günstigsten und teuersten Angestelltentarif mehr als 400 Euro im Monat betrage, obwohl beide Tarife das Qualitätsurteil „sehr gut“ erhielten. Mit Blick auf einen „Top-Tarif“ weist Testleiter und Ökonom Julian Chudoba darauf hin, dass die leistungsstärksten Tarife oft recht teuer seien, der Preisaufschlag spiegele jedoch selten den Umfang der zusätzlich abgesicherten Gesundheitsrisiken wider.
Unterschiede gibt es bei der Terminvergabe. Unter 5.000 Befragten gaben rund 60 Prozent der privat Versicherten an, ihren jüngsten Facharzttermin innerhalb eines Monats bekommen zu haben. Bei den Kassenpatienten waren es laut der Erhebung durch das Meinungsforschungsinstitut Civey nur 30 Prozent. Bis zu einem halben Jahr mussten 21 Prozent der gesetzlich Versicherten und nur neun Prozent der Privatpatienten warten.
Beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) stößt die Ungleichbehandlung bei der Terminvergabe auf deutliche Kritik. Da 90 Prozent der Menschen gesetzlich versichert seien, müsse es bei der Terminvergabe „zu 100 Prozent um die medizinische Notwendigkeit“ gehen und nicht darum, ob jemand GKV- oder PKV-versichert sei, betonte die stellvertretende Vorstandschefin Stefanie Stoff-Ahnis unlängst. (imo)