Kassen wehren sich gegen neue Milliardenlasten
Die Kritik am Kurs von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird schärfer. Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, warf dem SPD-Politiker heute vor, das Geld der Beitragszahler „mit der Gießkanne“ zu verteilen statt Strukturen zielgerichtet zu verändern. „Dafür habe ich keinerlei Verständnis“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND).
Als Folge drohten neue Milliardenkosten und Druck auf die Beiträge, so Reimann. Dies stehe im Widerspruch zu Zusagen im Koalitionsvertrag, die Beitragszahler zu entlasten. In der Ausgangsanalyse seien sich die Kassen mit dem Minister einig, dass die vorhandenen Gelder nicht effizient eingesetzt würden. „Aber dann ist Karl Lauterbach irgendwo falsch abgebogen“, kritisierte Reimann. Konkret nannte sie den geplanten Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro zum Umbau der Kliniklandschaft. Die Reform sei sinnvoll, „aber bei der Finanzierungsfrage führt der Minister die Menschen in die Irre“.
Statt den sogenannten Bundesanteil aus Steuern zu zahlen, wolle Lauterbach diese Kosten tatsächlich auf die gesetzlichen Kassen abwälzen, warnte Reimann. So würden Kassenversicherte faktisch die Krankenhausbetten von Privatpatienten mitbezahlen. Auch Arbeitgeber und Klinikträger monieren eine soziale Schieflage. Die Klinikreform komme allen Bürgern zugute und müsse daher als gesamtgesellschaftliche Aufgabe auch von allen geschultert werden, hieß es.
Auf Unverständnis stoßen auch die von Lauterbach geplanten Geheimpreise bei neuen Medikamenten. „Das ist ein kompletter Irrweg“, urteilte Reimann. Als Folge drohten sich die Preise weiter hochzuschaukeln und die Arzneikosten zu steigen, weil Verhandlungen auf den hohen Listenpreisen basierten. Zudem müssten die Kassen den Firmen zunächst die vollen Preise zahlen, also kostenlos Kredite gewähren, um sich dann die Rabatte aufwendig zurückzuholen. Auch die Ärzte fürchten höhere Kosten. So tappten Mediziner bei den Preisen verordneter Arzneien „im Dunkeln“, warnte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) jüngst.
Die AOK-Chefin erinnerte die Ampel an ihre Zusagen. Es könne nicht sein, „dass ausgerechnet bei der gesetzlichen Krankenversicherung der Koalitionsvertrag konsequent nicht umgesetzt wird“. SPD, Grüne und FDP hatten angekündigt, die Beiträge für Bürgergeldempfänger kostendeckend aus Steuern zu finanzieren. „Da sind jährlich zehn Milliarden Euro offen“, rechnete Reimann vor. Besorgt äußerte sie sich auch zur Lage der Pflegekassen. Diese drohten bereits 2025 ins Minus zu rutschen. (cm)
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