Leopoldina-Gruppe setzt auf Vorbeugen statt Kurieren
Mit mehr individueller Prävention will eine Gruppe von Medizinern altersbedingte Krankheitsrisiken verringern und den Herausforderungen für die Sozialsysteme durch eine alternde Bevölkerung begegnen. In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina plädiert die Autorengruppe für ein interdisziplinäres Konsortium zur Grundlagenforschung. Deutschland sei beim Erforschen von Alterskrankheiten gut aufgestellt. Es fehle aber die systematische Bündelung von Forschungsdaten. Zudem hapere es beim Übertrag von Erkenntnissen in die Praxis.
Ein „besseres Verständnis der Mechanismen des Alterns“ habe „großes Potenzial, um neue therapeutische Ansätze zu entwickeln“, betonen die 13 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie setzen insbesondere auf Biomarker zur zielgerichteten Vorbeugung altersbedingter Erkrankungen. Mit den Babyboomern sei in Kürze ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt, erläuterte der Gerontologe Björn Schumacher von der Universität Köln. In dieser Altersgruppe leide die Hälfte unter mindestens zwei chronischen Erkrankungen. „Die erheblichen Kosten für die Behandlung und Pflege werden unsere Sozialsysteme in relativ kurzer Zeit sprengen“, warnte der Altersforscher. Dennoch gebe Deutschland nur drei Prozent der Gesundheitsausgaben für Prävention aus.
Prävention werde bisher vernachlässigt, „weil es keine Beweise für die Wirksamkeit gibt“, so Schumacher. „Biomarker können diesen Nachweis erbringen.“ Es gehe darum, „Alterungsprozesse zu verlangsamen oder sogar umzukehren“, sagte die derzeit an einer Klinik in Singapur tätige Gerontologin Andrea Maier. Sie warb um gesellschaftliche Akzeptanz für den Einsatz von Biomarkern. Dabei gehe es nicht um „Anti-Aging“, sondern um längere gesunde Lebenszeit durch Präventionsmedizin. Grundsätzlich seien allgemeine Empfehlungen für mehr Sport und gesunde Ernährung wichtig. Diese Ratschläge könne man aber über messbare Körpermerkmale „individuell präzisieren“.
Das Autorenteam setzt sich dafür ein, die geriatrische Anwendung von Medikamenten über den ursprünglich zugelassenen Anwendungsbereich hinaus zu vereinfachen. So hätten sich beispielsweise Diabetespräparate wie Metformin als wirksam gegen andere Alterserkrankungen erwiesen, erläuterte Mitautor Oliver Tüscher von der Universität Halle. Die Wissenschaftlergruppe fordert überdies ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz unter Federführung des Bundesforschungsministeriums, um durch „moralisch zu rechtfertigende und rechtlich zulässige“ Alterungsforschung zu erleichtern. (toro)
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