Europaparlament und Rat einigen sich auf Pharmapaket
Durchbruch in Brüssel: Am frühen Morgen einigten sich das Europaparlament, der Rat der EU-Regierungen und die Kommission auf die Grundzüge einer neuen EU-Arzneimittelgesetzgebung. Sie soll dafür sorgen, dass neue Medikamente in allen 27 Mitgliedsländern auf den Markt kommen und bezahlbar bleiben. Eine kürzere Zulassungsphase und weniger Verwaltungsaufwand sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Pharmaindustrie in Europa stärken und zu mehr Versorgungssicherheit beitragen. Für das Entwickeln wichtiger Medikamente sollen Unternehmen belohnt werden. Geplant sind zudem ein digitaler Beipackzettel und strengere Regeln für den Antibiotika-Einsatz.
Die Verhandlungsführer des Parlaments, Tiemo Wölken (Sozialdemokraten) und Dolors Montserrat (Europäische Volksparteien), sprachen von einer Gewinnsituation für alle Beteiligten. Es sei gelungen, die Aspekte Arzneimittelsicherheit, Verfügbarkeit, Finanzierbarkeit und Pharmaförderung in Einklang zu bringen. Der Abschluss beweise, „dass Europa in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen zum Schutz europäischer Interessen zu treffen“, sagte die amtierende Ratsvorsitzende, Dänemarks Gesundheitsministerin Sophie Løhde.
Umstritten waren insbesondere Neuregelungen zum Daten- und Marktschutz. Laut Kompromiss bleibt es für neue Medikamente bei einer achtjährigen Schutzfrist für Daten aus präklinischen Tests und klinischen Prüfungen. Generika- oder Biosimilarhersteller dürfen erst danach die Unterlagen einsehen, um Nachahmer-Präparate an den Start bringen zu können. Originalhersteller sollen nach den acht Jahren Unterlagenschutz nur noch ein Jahr lang Marktexklusivität genießen – bisher waren es zwei Jahre. Generika müssten „am Tag eins nach Auslaufen der Schutzfristen zur Verfügung stehen“, betonte Montserrat. Komme ein neues Medikament in einem EU-Land nicht auf den Markt, müsse der Generikawettbewerb dort früher einsetzen.
Für nachgewiesen innovative Arzneimittel – etwa zur Behandlung seltener Erkrankungen – würde der Marktschutz auf zwei Jahre verlängert. Ein „Exklusivitätsvoucher“ für das Entwickeln dringend benötigter neuer Antibiotika brächte den Herstellern ein drittes Jahr Marktschutz für ein Medikament ihrer Wahl. Der Voucher wäre übertragbar. Der Käufer dürfte den zusätzlichen Marktschutz für ein eigenes Produkt einsetzen, sofern er mit diesem nicht mehr als 490 Millionen Umsatz in den vier vorangegangenen Jahren erzielt hat (Blockbuster-Klausel).
Der Präsident des Verbandes der forschenden Pharma-Unternehmen (Vfa), Han Steutel, sprach von „Modernisierung ohne Mut“. Er kritisierte, dass der Unterlagenschutz nicht verlängert worden sei. Der Kompromiss erschwere Investitionen und schwäche Europas Innovationskraft. (toro)
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