Steuerliche Entlastung als erster Schritt zur Pflegereform
Die soziale Pflegeversicherung (SPV) braucht eine kurzfristige finanzielle Entlastung als Voraussetzung für eine umfassende Reform. Das betonten die Teilnehmer einer Diskussion zur Frage „Geht der Pflegeversicherung das Geld aus?“ beim Hauptstadtkongress. Der Gesundheitsökonom Heinz Rothgang von der Uni Bremen schlug eine „Pflege-Bürger-Vollversicherung mit Eigenanteil“ vor. Norbert Grote vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) warb für die „pragmatische Lösung“, versicherungsfremde Leistungen aus Steuermitteln zu finanzieren. Annika Lange, im Bundesministerium für Gesundheit zuständig für die Pflegeversicherung, zeigte sich zuversichtlich, dass die Bund-Länder-Kommission zum Ende des Jahres zumindest „Eckpunkte“ für eine „große Reform“ vorlegen werde.
Rothgang nannte es widersinnig, dass die Bundesregierung die Pflegeversicherung kurzfristig über ein Darlehen entlasten wolle. „Der Staat schuldet der Pflegeversicherung Geld“, etwa aus der Corona-Zeit. Er verwies auf Faktoren, die sich besonders belastend auf die SPV auswirkten: hohe Ausgaben für Bürgergeldempfänger, niedrigeres Lohnniveau und höheres Krankheitsrisiko als in der privaten Pflegeversicherung. Eine „Pflege-Bürger-Vollversicherung mit Eigenanteil“ ermögliche eine nachhaltige Finanzierung der Pflege, trotz Zahlungsverpflichtungen der privaten Pflegeversicherung, so Rothgang. „Haken an der Sache“ sei der politische Wille.
Allerdings fordere, so der Bremer Wissenschaftler, das Bundesverfassungsgericht eine ausgewogene Lastenverteilung zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung. Diese könne auch über einen Risikoausgleich erfolgen – wie 2005 einmal geplant. Damit ließe sich der Beitrag zur SPV um etwa 0,7 Prozentpunkte senken. Insgesamt sei die Pflege eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und „schreie“ geradezu nach einer stärkeren Ko-Finanzierung über Steuermittel.
Auch Annika Lange stimmte zu: „Die Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Um die Leistungen entsprechend den Herausforderungen zu dynamisieren, müssten passende Finanzierungsinstrumente gefunden werden. Die Kommission werde die Finanzierungs- und Versorgungsseite ansehen. Nach Langes Einschätzung bietet das „Fakten-Papier“ der Bundesregierung von 2024 zur zukunftssicheren Finanzierung der SPV eine gute Grundlage.
BPA-Hauptgeschäftsführer Grote verwies auf die Herausforderungen durch die demografische Entwicklung. Die Kommission müsse sich vor allem mit dem Thema Personalsicherung befassen. Denn dieses Problem sei nicht von heute auf morgen zu lösen. (sg)
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