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Pflege: Studie stützt Rufe nach mehr Steuergeld

05.09.2024 3 Min. Lesedauer

Kurz vor Beginn der Haushaltswoche im Bundestag dringen die Krankenkassen auf mehr Steuermittel für die soziale Pflegeversicherung (SPV) als Ausgleich für Fremdaufgaben. Ein heute vorgelegtes Prognos-Gutachten für den AOK-Bundesverband bestätigt den Reformdruck. Danach drohen die Beiträge bis 2030 von aktuell 3,4 auf 4,1 Prozent hochzuschnellen. Der Bund könnte die Beiträge laut Prognos jedoch im Mittel um 0,5 Prozentpunkte entlasten, wenn er der SPV übertragene, versicherungsfremde Leistungen bezahlte. Die Regierung müsse bereits bei der kommenden Haushaltswoche dafür die Weichen stellen und Bundesmittel im Haushalt 2025 einplanen, forderte die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. „Sonst drohen Beitragssatzsteigerungen mit negativen Folgen für das Vertrauen in die gesamte SPV und ihre Funktionsfähigkeit.“

Die Pflegekassen befürchten für dieses Jahr ein Minus von 1,5 Milliarden Euro, für 2025 von 3,4 Milliarden Euro. Laut Prognos dürften sich die Finanznöte verschärfen. Demnach dürfte der Finanzbedarf in einem moderaten Szenario von aktuell 59 Milliarden Euro bis 2030 auf 93 Milliarden Euro klettern. Der Bund könnte den Anstieg der Beitragssätze laut dem Gutachten aber deutlich bremsen, wenn er die SPV von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben entlaste. Dazu gehörten die Rentenbeiträge pflegender Angehöriger, die Kosten für Bürgergeldbezieher und Steuerkapital für den Pflegevorsorgefonds. „Das Gutachten unterstreicht den dringenden Reformbedarf und vor allem die Notwendigkeit von Steuermitteln zur Finanzierung“ der SPV, so Reimann. „Die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen ist Aufgabe des Staates.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat zwar eine große Pflegereform noch in dieser Legislaturperiode angekündigt, lässt aber ihre Finanzierung bisher offen. Um den Haushalt zu entlasten, verschiebt die Politik zunehmend Aufgaben, die eigentlich der Staat zahlen müsste, auf die Beitragszahler. Die Kosten summieren sich auf Milliarden. Als Folge stehen Pflege-, aber auch Krankenkassen finanziell schlechter da, als sie müssten. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel noch versprochen, die Rentenbeiträge pflegender Angehöriger aus Steuermitteln zu zahlen. Stattdessen strich sie jedoch den bisherigen Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro zur SPV.

Unterdessen warnte der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) vor einem „erschreckenden“ Heimsterben und forderte einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz. Seit Anfang 2023 habe der Verband über 1.000 Fälle von Schließungen oder Insolvenzen von Pflegeheimen dokumentiert. Zugleich steige die Zahl der Pflegebedürftigen. „Pflegedienste müssen Anfragen ablehnen oder kündigen Verträge, die Wartelisten für einen Platz im Pflegeheim werden immer länger“, sagte AGVP-Präsident Thomas Greiner. Kassen und Länder kämen ihrer Pflicht nicht nach, die Versorgung alter Menschen sicherzustellen. Und dennoch stiegen die Beitragssätze. „Lauterbachs Irrweg muss gestoppt werden“, so Greiner. (cm)

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