Report sieht Krankenhäuser unter großem Druck
Deutschlands Kliniken stehen einer Studie zufolge finanziell immer stärker unter Druck. Experten gehen im heute vorgestellten Krankenhaus-Rating-Report davon aus, dass über die Hälfte der Einrichtungen für 2024 einen Jahresverlust ausweisen wird. Auch die Finanzreserven vieler Kliniken sind demnach bedrohlich niedrig. „Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser war noch nie so angespannt“, sagte Gesundheitsexperte Boris Augurzky vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung beim Hauptstadtkongress in Berlin.
Im Jahr 2023 schrieben 43 Prozent der Kliniken einen Jahresverlust. 2020 waren es noch 22 Prozent. Das durchschnittliche Jahresergebnis fiel 2023 erstmals unter null (minus 0,2 Prozent der Erlöse). Als Folge ist die durchschnittliche Insolvenzgefahr den Experten zufolge auf 1,8 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. 16 Prozent der Krankenhäuser fanden sich im roten Bereich mit erhöhter Insolvenzgefahr wieder, 21 Prozent bewegten sich im gelben und 63 Prozent im grünen Bereich, schreiben RWI und das Institute for Healthcare Business (hcb), die den Report in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) erstellt haben.
Die ersten für 2024 vorliegenden Abschlüsse deuteten darauf hin, dass sich die Lage weiter verschlechtert hat. Mit 56 Prozent dürfte über die Hälfte aller Krankenhäuser einen negativen Jahresverlust ausweisen, schätzen die Wissenschaftler. Viele Kliniken verfügten kaum noch über finanzielle Puffer: Die Hälfte der Häuser konnte vergangenes Jahr ihre laufenden Kosten nur noch für maximal zwei Wochen im Voraus decken.
Die Wirtschaftsforscher mahnen umfassende Reformen im Gesundheitswesen an. Oberstes Ziel sollten weniger Behandlungen sein. Dafür brauche es eine bessere Steuerung der Patienten, etwa durch ein Primärarztsystem, das durch Leitstellen und die elektronische Patientenakte unterstützt werde. Insbesondere die Notfallversorgung und der Rettungsdienst bräuchten zügige Reformen.
Um die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden, empfiehlt der Report ein Budgetmodell für Krankheitsbilder sowie eine Öffnung der fachärztlichen Versorgung. Kliniken sollten auch ambulant behandeln dürfen. Über die Zulassung sollen unabhängige Stellen entscheiden. Der Koalitionsvertrag biete zwar erste Ansatzpunkte für Verbesserungen, doch reichten diese „bei Weitem“ nicht aus, mahnte Augurzky. Die Regierung müsse mutiger sein.
Laut dem im April vorgelegten Krankenhaus-Report 2025 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) hatten im Zeitraum Juli 2022 bis Oktober vorigen Jahres 61 Klinikstandorte ein Insolvenzverfahren angemeldet. Zwei Drittel der Insolvenzen (66 Prozent) wurden in Eigenverantwortung durchgeführt – ein Verfahren, bei dem eine Sanierung des Unternehmens angestrebt wird. Insgesamt wurden bis April 2025 13 Standorte geschlossen. (sev)
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