Höhere Kassenbeiträge schon bald – Iges warnt vor „ungebremster“ Entwicklung
Die Beitragsspirale in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) dreht sich weiter. „Zum 1. Juli werden etliche Kassen die Beitragssätze anheben, doch das ist nicht das Ende der Fahnenstange für dieses Jahr“, sagte die Vorständin des BKK-Dachverbandes, Anne-Kathrin Klemm, heute beim Hauptstadtkongress in Berlin. „Wir werden weitere Beitragssatzanpassungen erleben, wahrscheinlich zum 1. August und zum 1. September.“ Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, kritisierte die Pläne der Bundesregierung, das Milliarden-Loch der GKV lediglich teilweise mit Darlehen zu füllen. Das Iges-Institut warnte heute vor einem Anstieg des GKV-Beitragssatzes auf bis zu 22,6 Prozent in den nächsten zehn Jahren.
Die Vorlage des Haushaltsentwurfs sei „enttäuschend“, sagte Reimann. Teilbeträge auf Darlehensbasis seien „unzureichend, wenig zielführend und werden die Beitragssätze nicht stabilisieren“. Für eine Regierung, die sich auf die Fahne geschrieben habe, Beitragssteigerungen zu vermeiden, sei das „schwierig“, betonte Klemm. Statt der von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gewünschten Steuerzuschüsse will SPD-Finanzminister Lars Klingbeil für dieses und das nächste Jahr lediglich Haushaltsdarlehen im Umfang von insgesamt 4,6 Milliarden Euro für die GKV und zwei Milliarden Euro für die soziale Pflegeversicherung (SPV) einplanen.
DAK-Chef Andreas Storm sprach von „Strohfeuer“ und warnte vor „Jo-Jo-Effekten“. Auch das Iges misst den Klingbeil-Krediten in seiner auf Basis der neuen Entwicklung aktualisierten Analyse für die DAK kaum Wirkung bei. Ohne wirksames Gegensteuern der Bundesregierung sieht das Institut den durchschnittlichen GKV-Beitragssatz von aktuell 17,5 Prozent bereits 2027 bei 18 Prozent. Bis 2035 drohe er auf 20,0 Prozent zu steigen. „In einem ungünstigen Szenario könnten es sogar 22,6 Prozent werden.“ Das hätte Folgen für die Entwicklung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags: Die Belastung der Versicherten und Arbeitgeber durch die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung könnte laut Iges-Projektion bis 2035 auf knapp 50 Prozent steigen – „im ungünstigsten Fall sogar auf rund 54 Prozent“. Aktuell sind es 42,6 Prozent.
Iges empfiehlt als nachhaltige Therapie mehr Steuermittel und eine an den Einnahmen orientierte Ausgabenkontrolle. Durch einen „dauerhaften Bundeszuschuss in Höhe von zehn Milliarden Euro“ und eine an den Einnahmen orientierte Ausgabenpolitik könne der durchschnittliche GKV-Beitrag 2026 um 0,1 Prozentpunkte auf 17,4 Prozent und 2027 auf 17,2 Prozent fallen. Dieses Niveau lasse sich dann bis 2035 halten. Ein Bundeszuschuss von zehn Milliarden Euro entspräche nach Berechnungen des GKV-Spitzenverbandes allein der Deckungslücke bei den Ausgleichszahlungen des Bundes für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Empfängern. (toro/fb)
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