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Paradigmenwechsel gefordert: Expertenrat beklagt „Mangel an Prävention“

20.09.2024 3 Min. Lesedauer

Der Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“ beim Bundeskanzleramt sieht erhebliche Defizite in der Präventionspolitik und drängt auf einen Kurswechsel. Deutschland liege bei vermeidbaren Sterbefällen nur im europäischen Mittelfeld. Allein 2021 wären 138.000 Todesfälle durch Prävention vermeidbar gewesen, erklärt der Rat in seiner heute vorgelegten dritten und vierten Stellungnahme.

Darin beklagen die Expertinnen und Experten einen „Mangel an Prävention und Gesundheitsförderung“. Zudem ziele die Prävention bisher vor allem auf das individuelle Verhalten (Verhaltensprävention). Strukturelle Faktoren wie Armut, schlechte Bildung oder belastete Wohnverhältnisse (Verhältnisprävention) würden vernachlässigt, obwohl sie die Chancen auf ein gesundes Leben minderten. Das Gremium regt an, zum Beispiel gesunde Lebensmittel zu subventionieren.

Prävention sei eine Investition in die Zukunft, so der Rat. Eine geringere Krankheitslast entlaste nicht nur das Gesundheitssystem und steigere die Lebensqualität der Menschen, auch Gesellschaft, Arbeitsmarkt und Wirtschaft profitierten. Dazu brauche es ein neues Gesundheitsverständnis und einen „Health-in-all-Policies“-Ansatz, der über die Fokussierung auf Krankheit hinausgehe. Die Experten fordern, Gesundheit „im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Auftrags“ in allen Politikfeldern zu verankern. Gesetze sollten auf Folgen für die Gesundheit geprüft werden.
 
Aufholbedarf macht das Gremium auch bei der Verhaltensprävention aus. Der demografische Wandel werde die Krankheitslast deutlich erhöhen. Ohne mehr Prävention würden immer mehr Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs, Depressionen und Demenz erkranken. Auch Krankenhausinfektionen würden zunehmen. Bereits viele Kinder bewegten sich zu wenig, andere litten an psychischen Problemen. Die Impfraten seien oft zu niedrig. Zugleich belasteten hohe Krankenstände und Erwerbsunfähigkeit den Arbeitsmarkt.
 
Mehr Prävention könnte die Versorgungsbedarfe deutlich senken, so der Rat. Er plädiert unter anderem dafür, ärztliche Präventionsgespräche zusätzlich zu vergüten. Zugleich könnten Patienten über Bonusregelungen oder Feedback-Systeme motiviert werden. Notwendig seien evidenzbasierte Präventionsprogramme mit „individualisierten“ Angeboten, die auch schwerer zugängliche Gruppen erreichen. Impfen, Früherkennung und gesundes Verhalten sollten gestärkt und die Hygiene an Kliniken müsse verbessert werden. Zugleich sollte ein Runder Tisch „Prävention“ einberufen und der Erfolg von Maßnahmen evaluiert werden. (cm)

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