Forscher alarmiert über Anstieg von Einsamkeit besonders bei Jüngeren
Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) beobachtet in Deutschland einen „signifikanten“ Anstieg von Einsamkeit − besonders bei Jüngeren. Rund jeder Dritte zwischen 18 und 53 Jahren fühle sich zumindest teilweise einsam, 17 Prozent sogar „sehr“. Damit verharre diese Zahl weiterhin weit über Vorpandemieniveau. Dies stelle auch eine Gefahr für Gesundheit und Demokratie dar, warnte BiB-Forschungsdirektor Martin Bujard heute. Als „besorgniserregend“ stufte er vor allem den Trend bei Jüngeren ein: Die Altersgruppe unter 30 Jahren sei mit fast 45 Prozent inzwischen sogar deutlich stärker von Einsamkeit betroffen als die 30- bis 53-Jährigen mit 33 Prozent. „In der postpandemischen Phase besteht die Einsamkeit auf hohem Niveau fort – es zeigt sich eine Tendenz zur Chronifizierung“, bilanzierte Studien-Mitautorin Sabine Diabaté.
Zwischen 2005 und 2017 litten danach relativ stabil zwischen 14 und 17 Prozent der 18- bis 53-Jährigen unter Einsamkeitsgefühlen. In der Pandemie schnellte diese Zahl hingegen sprunghaft auf knapp 47 Prozent im Jahr 2021 hoch. Mit zuletzt 36 Prozent blieb sie auch in den jüngsten Umfragen deutlich erhöht. Auch nach Ende der Corona-Maßnahmen seien nur wenig soziale Nachholeffekte zu beobachten, so Diabaté. Ausgewertet wurden mehrere Erhebungen, unter anderem das familiendemografische Panel (FReDA). Daten für Ältere werden hier nicht erfasst.
Bei ihrer Analyse machten die Forscher auch Schutz- und Risikofaktoren ausfindig. Tendenziell seien etwa Singles, Ärmere, Erwerbslose, Kranke und Ausländer gefährdeter als Gutverdiener, Gesunde, deutsche Staatsbürger und Menschen in Beziehungen. Frauen litten eher unter emotionaler Einsamkeit, also dem Fehlen von Nähe; Männer hingegen eher unter sozialer Einsamkeit, also dem Fehlen eines sozialen Netzes.
Die Experten stolperten auch über „überraschende“ Ergebnisse: So schütze auch tägliche Internetnutzung bedingt vor Einsamkeit, allerdings nur vor emotionaler, nicht vor sozialer. Hier mache auch „die Dosis das Gift“, betonte Diabaté.
Die „gravierenden“ Folgen von Einsamkeit für Gesundheit und Gesellschaft würden unterschätzt, warnte Bujard. Einsamkeit mache krank: Sie schwäche die Immunabwehr und erhöhe das Risiko für Schlaganfälle, Herzleiden und Sucht. Zudem seien einsame Menschen anfälliger für Radikalisierung. Zunehmende Einsamkeit könne daher „ein Risiko für die Demokratie bedeuten, weil sie den inneren, sozialen Zusammenhalt gefährden kann“, so der Experte. Notwendig sei mehr gesellschaftliche Teilhabe etwa über Vereine. Kranke könnten durch Besuchsdienste stärker eingebunden werden. (cm)
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