Gesundheitliche Prävention könnte Milliarden sparen
Vermeidbare Krankheiten verursachen jedes Jahr enorme ökonomische Schäden und belasten die Sozialversicherungen dauerhaft. Allein durch Rauchen, Übergewicht und Alkoholkonsum entstehen Kosten in dreistelliger Milliardenhöhe. Neben dem individuellen Leid, verursacht allein Tabakkonsum etwa 97 Milliarden volkswirtschaftliche Kosten. Das sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann, im Interview mit dem Deutschlandfunk (DLF).
Bei Adipositas belaufe sich die Summe auf 63 Milliarden Euro und riskantes Trinkverhalten kostet etwa 57 Milliarden. Hinzu kämen Produktionsausfälle und Frühverrentungen. Nach Reimanns Einschätzung liegt in diesen Zahlen ein bislang kaum genutzter Schlüssel zur langfristigen Stabilisierung der Beiträge. Doch im europäischen Vergleich rangiert Deutschland bei der Präventionspolitik nur auf dem vorletzten Platz. Das belegt der vom AOK-Bundesverband und dem Deutschen Krebsforschungszentrum entwickelte Public Health Index (PHI), der die Umsetzung von Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO in 18 Ländern analysiert hat. Reimann verwies darauf, dass Deutschland trotz der höchsten Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheit bei Lebenserwartung zurückfalle. Besonders alarmierend sei, dass jüngere Generationen stärker gesundheitlich beeinträchtigt seien als ihre Vorgänger.
Der PHI zeige, dass gesundes Verhalten nicht allein eine Frage individueller Verantwortung sei. Entscheidend seien Umgebungen, die es erleichtern, sich im Alltag gesund zu verhalten. Andere Länder seien hier konsequenter. Großbritannien, Finnland oder Irland erzielten hohe Indexwerte, unter anderem durch verbindliche Standards für Schulverpflegung oder fiskalische Maßnahmen wie Abgaben auf zuckerhaltige Getränke. In Deutschland dagegen fehle häufig der politische Wille für eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik, kritisierte Reimann.
Langfristig könne eine bessere Präventionspolitik ein starker Hebel zur Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge sein, betonte AOK-Verbandschefin Reimann. Sie warnte jedoch zugleich vor überzogenen Erwartungen: Prävention ersetze nicht die Notwendigkeit kurzfristiger Reformen. Die Ausgabendynamik müsse in allen Bereichen gestoppt und Ressourcen effizienter genutzt werden, sagte Reimann kürzlich gegenüber der „Ärzte-Zeitung“. Sie sehe insbesondere beim Aufbau einer stärker gesteuerten Primärversorgung eine Möglichkeit, um Doppelstrukturen zu vermeiden. Die jüngst beschlossenen Entlastungen für die Krankenkassen reichten aus Sicht des AOK-Bundesverbandes nicht aus, um die Finanzierung nachhaltig zu stabilisieren. (fb)
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