Angehörigenpflege ist für die meisten Menschen keine Option
Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland kann oder möchte pflegebedürftige Angehörige nicht selbst versorgen. Wie eine INSA-Umfrage im Auftrag des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP) zeigt, sieht sich jeder Dritte (34,4 Prozent) aufgrund der eigenen Lebensumstände nicht in der Lage, pflegebedürftige Verwandte zu Hause zu pflegen. Etwa jeder Zehnte (10,7 Prozent) möchte es nicht. Nur rund 43,7 Prozent gaben an, bereit und in der Lage zu sein, für einen Angehörigen zu sorgen.
Laut der Erhebung gibt es bei der Bereitschaft und Fähigkeit zur Angehörigenpflege kaum regionale Unterschiede. Auch Alter und Geschlecht haben keinen nennenswerten Einfluss. Allerdings ist die Pflegebereitschaft bei den 40- bis 49-Jährigen mit 39,9 Prozent am geringsten ausgeprägt, bei den 60- bis 69-Jährigen mit 46,2 Prozent am höchsten. Derzeit hat jeder vierte Befragte einen nahen pflegebedürftigen Angehörigen.
AGVP-Präsident Thomas Greiner nannte die Umfrageergebnisse keine Überraschung. Wer sich zu Hause um Eltern und Großeltern kümmere, verdiene Respekt und Anerkennung. „Aber wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der Frauen für Heim, Herd und Pflegebett zuständig waren, während die Männer zur Arbeit gingen.“ Die Lösung der Pflegekrise durch eine „Hausfrauen-Pflege“ sei eine „ Illusion von Leuten, die zu viele Heimatfilme aus den fünfziger Jahren geschaut haben“.
AGVP-Geschäftsführerin Isabell Halletz kritisierte die Pläne der Bundesregierung, die häusliche Pflege einseitig zu fördern und warnte vor den Folgen für Frauen. „Wenn die Bundesregierung weiter auf die Versorgung durch Angehörige setzt, fördert sie vor allem bei Frauen die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie.“
Pflegepolitik müsse es möglich machen, dass ältere Menschen, so es die Gesundheit erlaube, frei entscheiden könnten, wo und wie sie ihren Lebensabend verbringen wollten, sagte Greiner. Wenn die häusliche Pflege finanziell gefördert und der professionellen Gemeinschaftsversorgung zum Beispiel im Pflegeheim der Geldhahn zugedreht werde, dann gebe es aber keine freie Entscheidung mehr. (sev)
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