WIdO-Analyse: Ambulant könnte deutlich mehr gehen
In Deutschland sind immer noch deutlich mehr Eingriffe mit einem Aufenthalt im Krankenhaus verbunden, als das im europäischen Ausland der Fall ist. Dabei könnten auch hierzulande erheblich mehr Behandlungen ambulant erfolgen. Das belegt eine Analyse, die das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) heute veröffentlichte. Demnach könnten insbesondere im Bereich der Grundversorgung mehr als die Hälfte der Fälle ambulant behandelt werden. Gerade in den dortigen Leistungsgruppen werde „sich entscheiden, ob die überdurchschnittlich hohen Zahlen stationärer Behandlungen in Deutschland nachhaltig gesenkt werden können“, unterstrich WIdO-Geschäftsführer David Scheller-Kreinsen. Darunter fallen etwa die allgemeine Chirurgie und die allgemeine innere Medizin.
Vor dem Hintergrund der anstehenden Reform der Krankenhausplanung und -vergütung bemisst die Studie Ambulantisierungspotenziale für die einzelnen Krankenhaus-Leistungsgruppen. Das WIdO greift dazu auf die Abrechnungsdaten sämtlicher vollstationärer Krankenhausfälle von AOK-Versicherten im Jahr zurück. Die Modellrechnung betrachtet erstmals mehrere Ansätze zur Ambulantisierung, wie sie sich im Vergütungskatalog (Hybrid-DRG) für Leistungen, die schon jetzt stationär und ambulant erbracht werden können, wiederfinden. Das Ergebnis: Etwa 60 Prozent der heute vollstationär versorgten Fälle haben das Potenzial zur Ambulantisierung. Allerdings förderte das Autorenteam um den Leiter des Forschungsbereiches Gesundheitspolitik/Systemanalysen im WIdO, Robert Messerle, deutliche Unterschiede zu Tage.
So könnten mehr als 80 Prozent der Herzkatheter-Behandlungen (Ablationen) und elektrophysiologische Untersuchungen (EPU) ambulant erfolgen, Schlaganfall-Behandlungen in sogenannten Stroke-Units hingegen nahezu gar nicht. In 15 der 21 fallzahlstärksten Leistungsgruppen haben die Wissenschaftler über 50 Prozent der Fälle als „ambulantisierbar“ identifiziert. Für die mit Abstand fallzahlstärksten Leistungsgruppen „Allgemeine Innere Medizin“ und „Allgemeine Chirurgie“ waren es sogar jeweils etwa 60 Prozent. Die erstmals durchgeführte Berechnung auf Ebene der Leistungsgruppen könne für die Krankenhausplanung in den Ländern wichtige Hinweise liefern, kommentierte WIdO-Chef Scheller-Kreinsen. „Wenn Leistungen, die ambulant erbracht oder durch eine bessere ambulante Versorgung ganz vermieden werden können, weiterhin für stationäre Strukturen geplant werden, zementiert das strukturelle Ineffizienzen“, warnte der Krankenhausexperte.
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD zwar auf eine Stärkung der sektorenübergreifenden Versorgung verständigt. Auch ist im Zuge der Klinikreform der Umbau von Kliniken in sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen vorgesehen. Eine stärkere Ambulantisierung stationärer Behandlungen wird allerdings nicht explizit im Koalitionsvertrag erwähnt. (rbr)
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