Viel Unzufriedenheit mit dem KHAG
Krankenkassen und Gesundheitsverbände fordern von der Regierung Nachbesserungen am Gesetz zur Anpassung der Krankenhausreform (KHAG). Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) warnt in seiner Stellungnahme zur heutigen Anhörung vor einer „Verwässerung“ zentraler Qualitäts- und Steuerungsziele, insbesondere durch Ausnahmeregelungen und Lockerungen bei den Qualitätsanforderungen für Leistungsgruppen. Ähnlich äußerte sich der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA).
Der GBA-Vorsitzende Josef Hecken und die zwei anderen hauptamtlichen unparteiischen Mitglieder kritisierten zudem, dass der Entwurf seine fachlich-wissenschaftliche Rolle bei der Festlegung, Weiterentwicklung und Bewertung von Qualitätsanforderungen schwäche. Zusätzliche Länderkompetenzen, Einzelfallausnahmen und Detailregelungen erschwerten die evidenzbasierte Weiterentwicklung der Leistungsgruppen und unterliefen die bundesweit einheitliche Qualitätssteuerung. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert in ihrer Stellungnahme eine stärkere Einbindung der Vertragsärzteschaft, insbesondere im Leistungsgruppenausschuss, und bemängelte eine einseitige Förderung stationärer Strukturen zulasten der ambulanten Versorgung.
Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, erneuerte ihre Warnung, dass das KHAG zum „Krankenhausreform-Aufweichungsgesetz“ werde. Weitreichende Ausnahmeregelungen bei bundesweiten Qualitätsvorgaben gingen zulasten der Patientensicherheit und könnten „zum Einfallstor für das Unterlaufen der bundesweiten Vorgaben“ werden. Sie sprach von einem „grundsätzlichen Konstruktionsfehler der Reform“ und forderte differenzierte Erreichbarkeitsvorgaben je Leistungsgruppe sowie eine fallzahlunabhängige, bedarfsorientierte Vorhaltefinanzierung auf Basis von Planfallzahlen. Zudem sollten sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen stärker auf ambulante Behandlung mit Übernachtungsmöglichkeit ausgerichtet werden.
Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes, warnte vor einem „Rückfall in alte politische Muster, bei dem föderale Sonderwünsche und Ausnahmeregelungen über das Wohl und die Geldbeutel der Beitragszahlenden gestellt werden“. Ein Aufweichen der Reform berge qualitative, finanzielle und regionale Risiken. Es drohten „auseinanderdriftende Versorgungsniveaus“. Dann seien alle Reformbemühungen „für die Katz“ und „Milliarden Euro an Beitragsgeldern aus dem Fenster geworfen“. Die Vorstandsvorsitzende des Verbands der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner, verlangte eine bundeseinheitliche Definition von Fachkrankenhäusern durch den GBA. Andernfalls zeichne sich ein „Schlupfloch für Standortkonservierung“ ab.
Unter dem Motto „Keine Krankenhausreform ohne die Pflege“ sprach sich der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) dafür aus, die pflegerische Qualität stärker zu berücksichtigen. Pflege dürfe nicht länger als „Kostenfaktor“ behandelt werden, erklärte DBfK-Präsidentin Vera Lux. Sie forderte die Politik auf, dem Leistungsgruppenausschuss gesetzlich die Kompetenz zur Festlegung pflegerischer Qualitätskriterien zu übertragen.
Nach der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages am Mittwochabend wird der Gesetzentwurf zum KHAG im Parlament weiter beraten. (ts)
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