Reimann: 40-Prozent-Grenze „kaum realistisch“
Den Plan der Union, Sozialabgaben wieder auf 40 Prozent des Bruttolohns zu begrenzen, sieht die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, äußerst skeptisch. Angesichts der aktuellen Situation seien hingegen weitere Kostensteigerungen für die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) absehbar. Verantwortlich dafür seien Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministers, sich mit Forderungen gegenseitig überbietende Leistungserbringer sowie der finanz- und haushaltspolitische Sparkurs der Ampel-Koalition, sagte Reimann G+G. In Anbetracht dieser Umstände „sehen wir enorme finanzielle Herausforderungen auf die gesetzliche Krankenversicherung zukommen“, warnte die Verbandschefin.
Parallel zu den steigenden Belastungen seien die Rücklagen der Kassen extrem abgeschmolzen worden. Das gelte auch für die Pflegeversicherung. Mit einer Rückkehr zur 40-Prozent-Grenze gehe „insgeheim die Forderung nach Leistungskürzungen für Versicherte und Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung“ einher, bilanzierte Reimann. Eine Deckelung der Sozialabgaben gelinge kurzfristig nur mit zusätzlichen Bundesmitteln für die GKV. Damit sei jedoch bei dramatisch verkleinerten finanziellen Spielräumen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 nicht zu rechnen. Mit Verweis auf fehlende Mittel habe die Ampel selbst auf Vorhaben wie die Einführung kostendeckender Beiträge für Bürgergeld-Beziehende verzichtet, die eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbart worden waren.
Dass ausgerechnet diejenigen jetzt einen solchen Vorschlag unterbreiteten, die für Reformstau und das zunehmenden Auseinanderklaffen von Einnahmen und Ausgaben verantwortlich seien, habe eine gewisse Ironie, kommentierte Reimann die Unionsvorschläge. Viel wichtiger sind ihrer Meinung nach mittel- bis langfristig „grundlegende Strukturreformen, die die Leistungsfähigkeit des Systems verbessern und Probleme wie Überkapazitäten, Doppelstrukturen und Qualitätsmängel endlich wirksam angehen“. Vorhandenes Geld müsse effizienter zum Einsatz kommen.
Der Vorschlag zur 40-Prozent-Obergrenze ist Teil eines Zwölf-Punkte-Plans, den die Union jüngst zur Stärkung der Wirtschaft vorgelegt hat. Die Idee zur 40-Prozent-Marke entstammt der gemeinsamen Erklärung des „Bündnisses für Arbeit und Standortsicherung“ von 1996. Gewerkschafter kritisieren, dass davon vor allem die Arbeitgeberseite profitiere, die seit Jahren immer wieder die Einhaltung der Grenze fordere. (imo)
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