Artikel Prävention

Tabakkontrolle und Nichtraucherschutz: Deutschland könnte laut WHO deutlich mehr tun

10.09.2023 Agnes Tandler 4 Min. Lesedauer

Vanille, Melone, Blaubeere oder Zuckerwatte – der Vielfalt an Geschmacksrichtungen in E-Zigaretten, Verdampfern und anderen alternativen Nikotinabgabesystemen sind keine Grenzen gesetzt. Doch laut WHO-Bericht gehört Deutschland bei Nichtraucherschutz und Tabakkontrolle zu den Schlusslichtern.

Foto: Eine Frau hält eine E-Zigarette in der Hand und bläst Rauch aus.

Derzeit verbieten weltweit bislang nur vier Länder sämtliche Aromen in Tabak- und Nikotinprodukten, so beklagt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in ihrem neuesten Bericht zur Tabakkontrolle. Die Genfer Organisation fordert darin einen entschlosseneren Kampf gegen das Rauchen. Lediglich die Niederlande, Mauritius, Brasilien und die Türkei würden alle von der WHO geforderten Antitabak-Maßnahmen durchsetzen.

Niedrige Tabaksteuer und fehlende Rauchverbote

Deutschland stellt die WHO bei der Tabakkontrolle ein wenig rühmliches Zeugnis aus. Grund dafür sind unter anderem die vergleichsweise niedrige Tabaksteuer, fehlende Rauchverbote im öffentlichen Raum und unzureichende Werbebeschränkungen. Die WHO könne „nicht wirklich nachvollziehen“, warum die Politik in Deutschland „so lax“ in der Umsetzung von Maßnahmen bei der Tabakkontrolle sei, sagte Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung. In Deutschland gebe es unnötig viele Todesfälle durch das Rauchen. Verglichen mit vielen anderen Ländern seien Tabakprodukte in Deutschland zu preiswert. „Die letzten Preiserhöhungen für Zigaretten liegen unterhalb der Inflationsrate und machen Rauchen im Endeffekt billiger, nicht teurer“, monierte Krech. Auf der Tabakkontrollscala der EU rangiert Deutschland auf Platz 34 von 37 und gehört damit in Europa zu den Schlusslichtern bei Nichtraucherschutz und Tabakkontrolle.

Drogenbeauftragter fordert strengere Grenzen

Ende Juni beschloss der Bundestag ein Verbot von Aromen in Tabakerhitzer-Systemen wie etwa „IQOS“ von Philip Morris oder „Glo“ von British American Tobacco. Wasserpfeifen-Tabak und E-Zigaretten fallen aber nicht in diese Kategorie. Gerade bei Kindern und Jugendlichen sind E-Zigaretten und Shishas jedoch beliebt.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, forderte „strengere Grenzen“.  Dass selbst Zwölfjährige heute zu stark nikotinhaltigen Einweg-E-Zigaretten griffen, habe auch etwas damit zu tun, dass diese mit Kaugummi-, Mint- oder Waldbeerengeschmack lockten, beklagte der SPD-Politiker. In den Niederlanden gilt ab Oktober 2023 ein Verbot von E-Zigaretten mit Aromen. Existierende Bestände dürfen nur noch bis zum 1. Januar 2024 verkauft werden.

Jährlich weltweit acht Millionen Tote durch Tabakkonsum

Rund 32 Prozent der Menschen in Deutschland rauchen. Laut der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (Debra) hat sich der Anteil der Raucher unter den 14- bis 17-Jährigen innerhalb eines Jahres fast verdoppelt: 15,9 Prozent von ihnen gaben Ende 2022 an, regelmäßig Tabak zu konsumieren, 2021 lag der Anteil noch bei 8,7 Prozent. 2,5 Prozent dieser Altersgruppe nutzten 2022 E-Zigaretten, bei den 18- bis 24-Jährigen waren es vier Prozent.

Weltweit nutzen laut WHO 1,3 Milliarden Menschen Tabak – zum Rauchen, Kauen oder Schnupfen. An den Folgen des Konsums würden weltweit jedes Jahr mehr als acht Millionen Menschen sterben – darunter 1,2 Millionen Nichtraucher, die als Folge des Passivrauchens ums Leben kämen. In Deutschland liegt die Zahl der tabakbedingten Todesfälle pro Jahr bei mehr als 127.000. Alle Länder, egal ob arm oder reich, die die Raucherquote senkten, könnten große Erfolge für die öffentliche Gesundheit erzielen und so Milliarden an Kosten sparen, betonte die WHO in ihrem Bericht. 

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Agnes Tandler

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