Artikel Prävention

FSME-Risiko durch Zeckenstiche steigt in weiteren Gebieten

06.03.2024 Solveig Giesecke 4 Min. Lesedauer

Zum Start des meteorologischen Frühlings hat das Robert Koch-Institut (RKI) auf eine Ausweitung der Risikogebiete für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) hingewiesen. Auch der Nordosten von Deutschland ist nun verstärkt betroffen.

Foto: Eine Zecke bewegt sich auf der Hautoberfläche eines Menschen
Zecken können verschiedene Krankheiten, wie FSME und Borreliose, übertragen.

Bestand bisher vor allem im Süden Deutschlands das Risiko, dass Zecken FSME übertragen, so gilt das inzwischen für immer mehr Regionen. Nach Befunden etwa in Nordrhein-Westfalen meldet das RKI nun auch welche aus dem Nordosten. „Auf Basis der ans RKI übermittelten FSME-Erkrankungen kommen zwei neue FSME-Risikogebiete in Deutschland hinzu“, heißt es im aktuellen Bulletin des RKI. In Brandenburg gehe es um den Stadtkreis Frankfurt (Oder) und in Thüringen um den Landkreis Altenburger Land, die an bereits bestehende Risikogebiete grenzten.

Die aktualisierte Karte des RKI weist nun 180 Kreise als FSME-Risikogebiete aus, vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen, in Sachsen und seit 2022 auch im südöstlichen Brandenburg. Einzelne Risikogebiete befinden sich zudem in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen.

Schwere Krankheitsverläufe vor allem bei Erwachsenen

Zecken übertragen verschiedene Krankheiten, neben FSME etwa auch Borreliose, gegen die es keinen Impfstoff gibt. Dabei handelt sich um eine bakterielle Infektion, die bundesweit übertragen werden kann. FSME wird hingegen durch Viren verursacht. Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich sieben bis 14 Tage, in Einzelfällen bis zu 28 Tage. Ein hoher Anteil der Infektionen (circa 70 bis 95 Prozent) verlaufe jedoch asymptomatisch, so die RKI-Experten. Schwere Krankheitsverläufe werden demnach bei Erwachsenen häufiger beobachtet als bei Kindern.

So verliefen Gehirn- oder Hirnhautentzündungen bei Kindern nur in 25 Prozent der Fälle schwer, bei Erwachsenen werden etwa die Hälfte der Krankheitsverläufe als schwer eingestuft. „Überdies wurde bei Kindern deutlich seltener über neurologische Folgeschäden berichtet (bei circa zwei Prozent), im Vergleich zu Erwachsenen mit 30 bis 40 Prozent der Fälle“, informiert das RKI. Folgeschäden können häufige Kopfschmerzen, aber auch Lähmungen sein. In einem Prozent der Fälle verläuft eine FSME-Erkrankung tödlich.

Impfen schützt vor FSME: Auch Hundehalter sollen sich impfen lassen

Die Ständige Impfkommission (Stiko) ruft Menschen, die in Risikogebieten in zeckentypischen Regionen unterwegs sind, dazu auf, sich gegen FSME impfen zu lassen. Das gilt insbesondere für Hundebesitzer, Jogger, Spaziergänger, Gärtner, aber auch für Laborpersonal und Beschäftigte in Forst- und Landwirtschaft.

Laut Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) sind die Impfungen „im Allgemeinen gut verträglich“. Wie bei allen intramuskulär injizierten Impfstoffen könne es zu lokalen Reaktionen am Injektionsort mit vorübergehenden Schmerzen, Rötung und Schwellung kommen (bis zu zehn Prozent). Auch allgemeines Unwohlsein, grippeähnliche Symptome oder Fieber könnten vor allem nach der ersten Impfung auftreten (bis zu zehn Prozent). Eine Kontraindikation sind demnach eine akute Erkrankung, eine anaphylaktische Reaktion auf eine frühere Impfung oder einen Impfstoffbestandteil. Während der Schwangerschaft empfiehlt die DGN „eine sorgfältige Risikoabwägung vorzunehmen“.
 

Corona-Impfung und FSME-Impfung?

Ob eine FSME-Impfung bei einer möglichen Corona-Erkrankung durchgeführt werden kann, „ist eine Entscheidung des Arztes und hängt von der Situation des Patienten ab“, erklärte eine Sprecherin des RKI auf G+G-Nachfrage. Grundsätzlich vertrage sich eine FSME-Impfung (Totimpfstoff) auch mit einer Corona-Impfung. Patienten sollten dann aber auf die Möglichkeit einer stärkeren Impfreaktion hingewiesen werden. Ein Abstand müsse aber zu Impfungen mit Lebendimpfstoffen eingehalten werden.

Eine Impfung gleich nach einem Zeckenstich bietet übrigens keinen Schutz, betonen die Experten des RKI. Schützende Antikörper würden erst nach sieben bis 14 Tagen gebildet. Die Infektion breitet sich aber bereits kurz nach dem Stich aus – anders als bei der Borreliose. Ein sicherer Schutz gegen FSME trete zudem erst nach zwei Teilimpfungen ein.

RKI-Forscher fordern bessere Aufklärung

Im Jahr 2023 stellte das RKI insgesamt 475 FSME-Erkrankungen fest. Das waren 16 Prozent weniger als 2022 mit 565 FSME-Erkrankungen. „Die Mehrzahl (99 Prozent) der 2023 übermittelten FSME-Erkrankten war gar nicht oder unzureichend geimpft, das heißt die Grundimmunisierung war unvollständig oder Auffrischimpfungen fehlten“, teilten die Forscher des RKI mit. Sie fordern: „Es sollte vor allem in Kreisen mit hoher FSME-Krankheitslast verstärkt über den Nutzen einer FSME-Impfung aufgeklärt werden.“

Die Übertragung von FSME-Viren erfolgt schon innerhalb kurzer Zeit nach dem Stich, so dass ein schnelles Entfernen von Zecken das Erkrankungsrisiko nicht wie bei der Borreliose vermindert. Das RKI weist zudem darauf hin, dass für die FSME keine gezielte medizinische Therapie verfügbar ist, so dass zum Beispiel „der Nachweis von FSME-Viren in einer Zecke keine prophylaktischen Maßnahmen nach sich ziehen würde“.

Risikogebiete in Nachbarländern

Auch wer in Risikogebieten reisen und in zeckenexponierte Regionen wie Wald oder Wiesen gehen will, sollte sich nach Empfehlungen der Stiko impfen lassen. Die in Deutschland zugelassenen Impfstoffe schützen sowohl vor dem zentraleuropäischen FSME-Virus-Subtyp, der in Deutschland verbreitet ist, als auch vor den gefährlicheren fernöstlichen und sibirischen FSME-Virus-Subtypen. Dazu wird eine auch beschleunigte Impfabfolge angeboten.

Ein Infektionsrisiko besteht demnach vor allem in Tschechien und Österreich sowie in weiten Teilen Polens und der Schweiz. Einzelne Fälle wurden im Elsass und in der Region Sallandse Heuvelrug (Niederlande) nachgewiesen.

Infektionen mit den in Asien, vor allem in China, vorkommenden fernöstlichen und sibirischen Subtypen des TBE-Virus verliefen häufiger schwerer als mit dem europäischen Virustypus, warnen die Experten. In manchen Ländern zirkulierten beide Virussubtypen, zum Beispiel in Finnland, Estland, Litauen und Lettland.

Diese FSME-Risikogebiete listet das RKI für Deutschland auf:

  • Baden-Württemberg (außer den Stadtkreis (SK) Heilbronn)
  • Bayern (außer den SK Augsburg, SK Schweinfurt) 2023 neu hinzugekommen: Landkreis (LK) Fürstenfeldbruck, SK München
  • Brandenburg: SK Frankfurt (Oder), LK Oberspreewald-Lausitz, LK Oder-Spree und LK Spree-Neiße
  • Hessen: LK Odenwald, LK Bergstraße, LK Darmstadt-Dieburg, SK Darmstadt, LK Groß-Gerau, LK Offenbach, SK Offenbach, LK Main-Kinzig-Kreis, LK Marburg-Biedenkopf, LK Fulda
  • Niedersachsen: LK Emsland
  • Nordrhein-Westfalen: SK Solingen
  • Rheinland-Pfalz: LK Birkenfeld
  • Saarland: LK Saarpfalz-Kreis
  • Sachsen: LK Vogtlandkreis, LK Erzgebirgskreis, LK Bautzen, LK Meißen, LK Zwickau, LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, LK Mittelsachsen, SK Dresden, SK Chemnitz, LK Görlitz
  • Sachsen-Anhalt: SK Dessau-Roßlau; 2023 neu hinzugekommen: LK Anhalt-Bitterfeld
  • Thüringen: LK Altenburger Land, SK Jena, SK Gera, LK Saale-Holzland-Kreis, LK Saale-Orla-Kreis, LK Saalfeld-Rudolstadt, LK Hildburghausen, LK Sonneberg, LK Greiz, LK Ilm-Kreis, LK Schmalkalden-Meiningen, SK Suhl, LK Weimarer Lan

Mitwirkende des Beitrags

Beitrag kommentieren

Alle Felder sind Pflichtfelder.

Datenschutzhinweis

Ihr Beitrag wird vor der Veröffentlichung von der Redaktion auf anstößige Inhalte überprüft. Wir verarbeiten und nutzen Ihren Namen und Ihren Kommentar ausschließlich für die Anzeige Ihres Beitrags. Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, sondern lediglich für eventuelle Rückfragen an Sie im Rahmen der Freischaltung Ihres Kommentars verwendet. Die E-Mail-Adresse wird nach 60 Tagen gelöscht und maximal vier Wochen später aus dem Backup entfernt.

Allgemeine Informationen zur Datenverarbeitung und zu Ihren Betroffenenrechten und Beschwerdemöglichkeiten finden Sie unter https://www.aok.de/pp/datenschutzrechte. Bei Fragen wenden Sie sich an den AOK-Bundesverband, Rosenthaler Str. 31, 10178 Berlin oder an unseren Datenschutzbeauftragten über das Kontaktformular.