Artikel Pflege

Lebensabend auf dem Bauernhof

10.09.2023 Christoph Fuhr 4 Min. Lesedauer

Eier im Hühnerstall sammeln, Ställe ausmisten, Tiere füttern: Pflegebauernhöfe bieten für Bewohner viel Abwechslung. Aber hat dieses Versorgungskonzept in Deutschland überhaupt eine Chance?

Foto: Bewohnerinnen und Bewohner eines Pflegebauernhofs laufen mit Alpakas eine Straße entlang. — Der Pflegebauernhof in der Westerwaldgemeinde Marienrachdorf ist über das Dorf hinaus bekannt.

Wie funktioniert das Leben auf einem Pflegebauernhof? In der kleinen Westerwaldgemeinde Marienrachdorf gibt Heimbetreiber Guido Pusch Besuchern die Chance, Einblick zu nehmen in eine in Deutschland bisher selten angebotene Versorgungsform für pflegebedürftige ältere Menschen.

Hier können sie in einem naturnahen und sehr speziellen Ambiente alt werden – umgeben von Alpakas, Hühnern, Schweinen und anderen Tieren. Die meisten der 22 Bewohnerinnen und Bewohner, sind auf Hilfe in ihrem Alltag angewiesen. Fast alle wohnen in Einzelzimmern; die Hälfte ist wegen Demenz in Behandlung. Sie bekommen Unterstützung durch einen Pflegedienst.

Pusch trommelt unermüdlich dafür, dass sein Pflegekonzept in Deutschland besser wahrgenommen wird. Über mangelndes Interesse kann er sich nicht beklagen.

Mit Alpakas durch das Dorf

Ein festes Ritual: Jeden Morgen werden Alpakas in der Westerwaldgemeinde Marienrachdorf vom Stall auf dem Bauernhof quer durchs Dorf auf die Weide geführt. Und immer ist Hofbewohner Günter Schütz (m.) dabei. „Es ist schön mit den Tieren“, sagt er. „Wenn sie kommen und mich anschauen, dann fühle ich mich wohl.“

Foto: Ein Ehepaar, das auf einem Pflegebauernhof lebt, hält jeweils einen Teller mit Essen in der Hand.

Aktiv beteiligt am Mittagessen

Guten Appetit! Horst und Ingeborg Hof sind bereit fürs Mittagessen. Ingeborg hat bei der Vorbereitung des Kartoffelsalats mitgeholfen Sie leidet an Demenz, und Horst freut sich, dass seiner Frau die Arbeit in der Küche Spaß macht.

Foto: Ein Bewohner eines Pflegebauernhofs bereitet Einstreu im Stall vor.

Lieber im Stall statt in der Küche

Mit der Küchenarbeit hat Günter Schütz nicht viel am Hut. „Das können andere besser machen als ich“, sagt er und bereitet lieber die Einstreu im Stall vor. An die Tiere auf dem Hof musste Schütz sich nicht gewöhnen: „Es ist genau umgekehrt. Die haben sich an mich gewöhnt!“

Zwei Männer, darunter der Bewohner eines Pflegebauernhofs, stehen mit Schutzkleidung gegen Bienen auf einem Feld.

Auch Imkern steht auf dem Programm

Mit der Bienenzucht hat Günter Schütz (r.) noch keine Erfahrungen gemacht. Von Guido Pusch lässt er sich erklären, worauf es beim Imkern ankommt. Schütz ist neugierig und nutzt alle Chancen, die die Arbeit auf dem Bauernhof bietet.

Foto: Ein Mann und eine Frau – die Betreiber eines Pflegebauernhofs – sitzt mit einem Hund auf dem Schoss auf einer Bank und lächeln in die Kamera.

Der Pflegebauernhof bietet Pflege auf eine besondere Art und Weise an

Pusch und seine Frau Alexandra sind überzeugt, dass ihr Pflegebauernhof-Modell in Deutschland Schule machen wird. „Wir spüren, dass die Bewohner sich nicht als Leistungsempfänger empfinden. Sie können helfen, und auf einem Bauernhof gibt es immer viel Arbeit“, sagt der Heimbetreiber. Er legt Wert darauf, dass niemand gezwungen wird, sich an dieser Arbeit zu beteiligen.

Foto: Ein älterer Mann, Mitbewohner eines Pflegebauernhofs, steht mit einem Kind und einem Alpaka auf der Wiese.

Regelmäßig gibt es Besucher auf dem Pflegebauernhof

Reinhold Karl erklärt einem Kind, was ihm an den Alpakas gefällt. Er leidet an Demenz – und ist meist gut drauf: „Ich mache gerne mal Blödsinn“, sagt er. Die Arbeit mit Tieren auf dem Hof macht er gerne, aber Karl hat noch eine andere Leidenschaft: Traktor fahren. Guido Pusch nimmt ihn regelmäßig mit, wenn er auf dem Feld Arbeiten erledigt.

Foto: Bild eines großen Hauses, dem Pflegebauernhof in Marienrachdorf.

Dieses Modell gibt es in Deutschland noch nicht oft

Wer das Tor zum Pflegebauernhof in Marienrachdorf öffnet, entdeckt ein großes Areal mit Ställen und mehreren anderen Gebäuden. Und er lernt Menschen kennen, die sich nicht vorstellen können, im Alter woanders zu leben als auf einem Bauernhof.

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Christoph Fuhr

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