Wenig Wechsel zwischen Praxen
Die meisten Patientinnen und Patienten bleiben ihrer Hausarztpraxis innerhalb eines Jahres treu. Auch die Zahl der Facharztwechsel hält sich in Grenzen. Das zeigen Daten der AOK Bremen/Bremerhaven.

In der Diskussion um Sparpotenziale im Gesundheitswesen taucht immer mal wieder das Schlagwort „Ärztehopping“ auf. Doch wie groß ist dieses Problem wirklich? Die AOK Bremen/Bremerhaven hat dazu Daten ihrer rund 305.000 Versicherten und von ihr betreuten Personen anonymisiert ausgewertet. Im Jahr 2024 haben danach 164.700 Versicherte genau einen Hausarzt konsultiert. 64.900 Versicherte waren bei zwei Hausärzten, 16.200 haben drei Hausärzte aufgesucht. In vier Hausarztpraxen wurden 4.300 Menschen vorstellig, in fünf Hausarztpraxen waren 1.200 Patienten. Weitere rund 900 AOK-Versicherte haben im Vorjahr sechs und mehr Hausärzte aufgesucht. Zu den Hausärzten werden nach dieser Statistik auch hausärztliche Internisten und Kinderärzte gezählt. Unter den 900 Versicherten, die den Hausarzt besonders häufig gewechselt haben, sind nach Erfahrung der AOK-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter nicht selten Menschen, die vor allem mit psychischen Problemen zu kämpfen haben und zum Beispiel aufgrund einer Angsterkrankung Medizinern grundlegend misstrauen.
Kein Indiz für Ärztehopping
Ein Indiz für grassierendes Ärztehopping sind die Zahlen aber nicht. Denn zwei Besuche bei zwei unterschiedlichen Hausärzten in einem Jahr hat man schnell erreicht – gerade Eltern mit Kind, die neben einem Hausarzt einen Kinderarzt konsultieren müssen. Weitere Gründe sind Urlaub des Hausarztes oder ein Umzug der Patienten, der mit einem Arztwechsel verbunden ist. Müssen sie dann im Sommerurlaub in Bayern oder an der Ostsee zum Arzt, und passiert ihnen das bei einer längeren Dienstreise an einem anderen Ort noch einmal, gehören sie schon zu den Gruppen mit vier oder fünf Hausärzten in einem Jahr.
Für den Wechsel von Fachärzten – dazu zählen auch psychologische Psychotherapeuten – gilt das ebenfalls. Hier liegt die Zahl der unterschiedlichen Praxiskontakte noch einmal höher. Einen Facharzt besuchten 63.700 Versicherte, bei zwei Fachärzten waren 44.800, bei dreien 33.700, bei vieren 24.800 im Jahr 2024.
Nachvollziehbar: So suchen beispielsweise Frauen regelmäßig einen Gynäkologen auf, Männer vielleicht einen Urologen, bei den häufigen Muskel-Skelett-Erkrankungen ziehen Patienten Orthopäden zu Rate; auch Menschen mit Diabetes und Herzkrankheiten benötigen oft einen Spezialisten. Ein Drittel der hier ausgewerteten 1,05 Millionen Behandlungsfälle kam auf Überweisung des Hausarztes zustande. 7.200 Versicherte suchten zehn bis (in einem Fall) 33 unterschiedliche Facharztpraxen auf – insgesamt 2,4 Prozent aller hier gezählten, von der AOK versicherten oder betreuten Menschen. Diese „Heavy-User“ müssen aber keine Ärztehopper sein. Ein Beispiel: Der Methadon-Bus in Bremen, der die Substitution von Drogenabhängigen am Wochenende sicherstellt, wird abwechselnd von ambulanten Haus- und Fachärzten betreut. Die Behandlung von Krankheiten der Drogensüchtigen rechnen die Ärzte über ihr eigenes Praxiskennzeichen ab. Da eine ganze Reihe von Ärztinnen und Ärzten im Laufe eines Jahres diesen Dienst übernimmt, entstehen allein dadurch schon viele unterschiedliche Arztkontakte, die in die Statistik einfließen.
Fazit: Ärztehopping kommt nach den Daten der AOK Bremen/Bremerhaven selten vor – und wenn, dann sind die Praxiswechsel in den meisten Fällen einfach erklärbar. Die Ausreißer in dieser Statistik fallen dagegen wenig ins Gewicht.
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