Interview Prävention

„Vier-Tage-Woche bedarf noch viel Forschung“

20.03.2024 Stefanie Roloff 4 Min. Lesedauer

Einige Unternehmen in Deutschland testen die Vier-Tage-Woche. Romana Dreyer erläutert, wie sich das Modell auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirkt.

Foto: Ein beleuchtetes Bürogebäude – drinnen Menschen bei der Abend am Abend.
Büroarbeit

Frau Dr. Dreyer, inwiefern kann die Vier-Tage-Woche zur Gesunderhaltung der Beschäftigten beitragen?

Romana Dreyer: Es gibt internationale Studien, unter anderem aktuell aus Südafrika, die Hinweise auf eine positive Wirkung geben. So empfanden die Befragten weniger Stress und mehr Wohlbefinden. Sie waren zufriedener mit der Work-Life-Balance. Andere Untersuchungen zu mehr Flexibilität am Arbeitsplatz zeigen, dass die Beschäftigten eine steigende Kontrolle und mehr Selbstbestimmung erleben. Für eine gelingende Vier-Tage-Woche müssen aber die gesundheitsfördernden Faktoren bei der Arbeit gut gestaltet sein.

Porträt von Dr. Romana Dreyer, Geschäftsführerin des Center for Better Work an der Universität Hamburg
Dr. Romana Dreyer, Geschäftsführerin des Center for Better Work an der Universität Hamburg, ist Arbeits- und Organisationspsychologin. In ihrer Promotion ging es um die Gestaltung der Work-Life-Balance.

Führt die verkürzte Arbeitszeit sonst zu mehr Stress?

Dreyer: Ja, wenn etwa Absprachen fehlen oder bei hohem Arbeitspensum, kann die Vier-Tage-Woche nicht viel ausrichten. Zum Beispiel bei der komprimierten Arbeitswoche: Die 40 Stunden werden einfach auf vier Tage aufgeteilt. Lange Arbeitstage lassen die Produktivität sinken und machen längere Erholungszeiten nötig. Um das zu verhindern, sollte die Arbeitszeit um zehn bis 20 Prozent verringert und die Arbeitsorganisation angepasst werden.

Wie können Arbeitgeber von der Vier-Tage-Woche profitieren?

Dreyer: Das Modell kann Arbeitgeber attraktiver machen. Dafür sollten Unternehmen zusammen mit den Beschäftigten Ideen für dessen Umsetzung entwickeln – und ihre Arbeitsbedingungen in den Blick nehmen. Diese Bereitschaft, etwas ändern zu wollen, ist der Schlüssel für eine gesündere und produktivere Arbeit. Aktuell ist ein Versuch in Deutschland gestartet, bei dem rund 50 Unternehmen die Vier-Tage-Woche testen. Er läuft ein halbes Jahr lang und wird von der Universität Münster evaluiert.

„Die Bereitschaft, etwas ändern zu wollen, ist der Schlüssel für eine gesündere und produktivere Arbeit.“

Dr. Romana Dreyer

Geschäftsführerin des Center for Better Work an der Universität Hamburg

Ist die Vier-Tage-Woche empfehlenswert?

Dreyer: Ich finde die Idee und die Debatte darüber sehr gut. Aus wissenschaftlicher Sicht bedarf das Feld der Vier-Tage-Woche jedoch noch viel Forschung. In den vorliegenden Studien wird zum Beispiel kaum berichtet, bei wie vielen Beschäftigten es keine Verbesserung gab. Auch haben die Unternehmen verschiedenste Formen der Vier-Tage-Woche umgesetzt. Mittlerweile gibt es eine Nachbefragung in Pilotbetrieben zum Beispiel aus Großbritannien. Hier zeigen sich auch sechs Monate nach Studienende positive Effekte. Unklar ist dabei jedoch, in welchem Arbeitszeitmodell die Befragten weitergearbeitet haben. Es bleibt also fraglich, ob allein die Vier-Tage-Woche für das bessere Befinden verantwortlich ist oder ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren, wie engagierten Führungskräften und dem Aufbau einer gesundheitsfördernden Unternehmens­kultur.

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