Warum die elektronische Patientenakte noch kaum genutzt wird
Trotz großer politischer Erwartungen wird die elektronische Patientenakte (ePA) in der Praxis bisher kaum genutzt. Neue Funktionen und die verpflichtende Befüllung durch Arztpraxen ab Herbst 2025 sollen das ändern. Doch Verbraucherschützer warnen: Ohne klaren Mehrwert wird die ePA nicht aus der Nische kommen.

Die elektronische Patientenakte (ePA) gilt als eines der zentralen Digitalisierungsprojekte im deutschen Gesundheitswesen. Doch ihre Nutzung bleibt bislang gering. Viele Versicherte haben sich mit der ePA noch nicht auseinandergesetzt. Das liegt auch daran, dass der Einstieg nicht einfach ist und die Anwendung bislang wenig greifbaren Nutzen bietet.
Digitale Ausweisfunktion ist kaum verbreitet
Ein wichtiger Zugang zur ePA ist die digitale Ausweisfunktion (eID) des Personalausweises. Doch eine neue repräsentative Studie des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb zeigt: Nur 35 Prozent der erwachsenen deutschsprachigen Bevölkerung haben diese Funktion überhaupt aktiviert. Sechs Prozent kennen die eID-Funktion nicht einmal. Dabei sind alle Ausweise seit 2010 technisch eID-fähig, müssen aber dafür freigeschaltet werden.
Sozialer Hintergrund entscheidet über eID-Nutzung
Die Forschenden machen deutlich, dass der aufwendige Aktivierungsprozess und das Fehlen konkreter Anwendungsmöglichkeiten die Verbreitung bremsen. Auch sei die Nutzung stark abhängig vom sozialen Hintergrund. So aktivieren Männer, Jüngere, Menschen mit höherer Bildung und die Bevölkerung in Städten die Funktion deutlich häufiger als andere Gruppen.
Die meisten Patientenakten sind noch leer
Diese strukturellen Hürden wirken sich auch auf die Verbreitung der ePA aus. Obwohl alle gesetzlich Versicherten, die nicht widersprochen haben, seit Anfang 2025 eine elektronische Patientenakte haben, werden weniger als fünf Prozent aktiv genutzt. Und die meisten ePA sind bislang leer. Ärzte dürfen medizinische Informationen zwar schon heute eintragen, verpflichtend wird dies allerdings erst ab Oktober 2025. Erst dann könnte die ePA für viele Versicherte spürbar an Relevanz gewinnen.
Neue Funktionen sollen Attraktivität steigern
Dabei gibt es inzwischen neue Funktionen, die das Potenzial der ePA zumindest andeuten. So können Nutzerinnen und Nutzer über die ePA-App ihrer Krankenkasse nun gezielt entscheiden, welche Praxis Zugriff auf ihre Medikationsliste erhält. Auch eine Nutzung am Desktop ist inzwischen möglich, ebenso wie die Benennung von bis zu fünf Vertreterpersonen, die die Akte im Auftrag verwalten können, etwa für ältere Angehörige ohne Smartphone. Außerdem wird mit dem sogenannten TI-Messenger erstmals eine direkte, sichere Kommunikation mit Arztpraxen oder Krankenkassen ermöglicht.
Verbraucherschützer fordern verbindliche Fristen
Verbraucherschützer sehen diese Entwicklungen positiv, mahnen jedoch Nachbesserungen an. „Die neuen Funktionalitäten machen die ePA verbraucherfreundlicher“, sagt Lucas Auer, Gesundheitsexperte im Verbraucherzentrale Bundesverband. Der Zugriff müsse jedoch auch bei weiteren Daten wie Befunden oder Abrechnungen individuell steuerbar bleiben. Und vor allem: Die ePA müsse spürbaren Mehrwert bieten – etwa durch digitale Bonushefte, Impfpass oder Röntgenbilder. Auer fordert verbindliche Fristen für deren Verfügbarkeit. Nur dann könne die ePA auch breite Akzeptanz finden.
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