Daten und Analysen Versorgung

Von Krankentransport bis Flugrettung: Kassenausgaben steigen ungebremst

01.07.2025 Hilke Nissen 4 Min. Lesedauer

Die steigende Zahl an Notfalleinsätzen und unzureichend verzahnte Strukturen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung setzen die gesetzlichen Krankenkassen zunehmend unter finanziellen Druck. Die Notfallversorgung erreicht vielerorts personelle und wirtschaftliche Belastungsgrenzen.

Auf dem Bild ist das Innere eines Rettungswagens mit einer Rettungssanitäterin darin im Einsatz zu sehen.
Immer häufiger wird in Deutschland der Rettungswagen gerufen.

Immer mehr Menschen alarmieren den Rettungsdienst, laut Deutschem Berufsverband Rettungsdienst (DBR) zunehmend aus Anlässen, die medizinisch betrachtet Bagatellfälle sind. Lediglich zehn bis 15 Prozent der Notarzt-Einsätze seien wirklich gerechtfertigt. Eine verbindliche Definition von Bagatellfällen gibt es allerdings nicht. Laut den neuesten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2023 wurden in Deutschland rund 54 Millionen Mal Personen aus medizinischen Gründen transportiert – darunter mit Kranken- und Rettungswagen, der Flugrettung sowie durch Taxi- oder Mietwagendienste. Besonders Rettungswagen werden immer häufiger gerufen. Mit dem steigenden Einsatzaufkommen bauten die Rettungsdienste immer mehr Personal auf: Laut Statistischem Bundesamt waren 2023 rund 89.000 Menschen im Rettungsdienst beschäftigt – ein Anstieg von 59 Prozent gegenüber 2014 mit 56.000 Beschäftigten. Doch trotz dieses Ausbaus stoßen viele Dienste personell wie finanziell an ihre Grenzen.

Fahrkosten: Ein föderales Geflecht aus Trägern und Tarifen

In Deutschland sind die Organisation, Durchführung und Abrechnung des Rettungsdienstes föderal organisiert und variieren je nach Bundesland und Kreisebene. Die GKV übernimmt die Kosten für medizinisch notwendige Fahrten des Rettungsdienstes auf Grundlage von Pauschal-Entgeltvereinbarungen oder auf Grundlage kommunal erlassener Gebührensätze. Die Durchführung erfolgt durch kommunale Eigenbetriebe, die Berufsfeuerwehren oder durch Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), die Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) oder den Malteser Hilfsdienst (MHD). Auch private Anbieter können durch die jeweilige Kommune beauftragt werden. Vertragspartner der GKV für den Rettungsdienst sind allerdings die jeweiligen Kommunen, die wiederum die Durchführung an die genannten Organisationen abgeben können. Für Krankentransporte oder Krankenfahrten schließen Krankenkassen Verträge gemäß Paragraf 133 SGB V. Diese Verträge regeln die Vergütung, Leistungsinhalte und Abrechnungsmodalitäten. Sie können für alle Kassen übergreifend, aber auch kassenindivduell geschlossen werden.

Zu den erstattungsfähigen Leistungen zählen medizinisch notwendige Fahrten mit Taxis, Mietwagen oder Krankentransportwagen (Paragraf 60 SGB V) sowie Notfallversorgung mit Rettungswagen, Notarzteinsatzahrzeugen oder der Luftrettung. Versicherte leisten dabei eine gesetzlich geregelte Zuzahlung: zehn Prozent der Fahrkosten, mindestens fünf und maximal zehn Euro pro Fahrt.

Bei Einsätzen über die Notrufnummer 112 sind auf dem Landweg zwei Versorgungsstufen zu unterscheiden: Die Rettungswagen (RTW) mit Notfallsanitäterinnen und -sanitätern übernehmen die Erstversorgung. Wird notärztliche Hilfe benötigt, kommt das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF).

Die Grafik zeigt in hellgrünem Hintergrund die jeweiligen Kosten von 2015-2024 von: einsetzen mit dem Notarztwagen, dem Rettungswagen und der Flugrettung in Deutschland .
Rettungsfahrten Grafik

Qualität kostet – ein Kraftakt für die GKV

Die hohen Ausgaben der GKV durch den Rettungsdienst sind nicht allein auf die hohe Einsatzzahl und das gestiegene Personalvolumen zurückzuführen. Laut Kraftfahrt-Bundesamt sind 2024 im Vergleich zu 2015 rund 20 Prozent mehr Krankenwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge auf der Straße – im  Notfalleinsatz ausgestattet mit modernster Technik für invasive Behandlungen im Wagen oder vor Ort.

Seit Inkrafttreten des Notfallsanitätergesetzes im Jahr 2014 wird das Personal zudem länger, besser und bundeseinheitlich aus- und fortgebildet. Die Vergütung der Notfallsanitäterinnen und -sanitäter ist seitdem tariflich gebunden und liegt deutlich über dem Gehalt der vormaligen Rettungsassistenten. Dieser flächendeckende Qualitätssprung schlägt sich in höheren Entgelten pro Rettungseinsatz nieder. Die Entgelte steigen seit 2014 tarifbedingt kontinuierlich.

Der AOK-Bundesverband drängt darauf, die Krankenhausreform, die geplante Reform der Notfallversorgung und die Weiterentwicklung des Rettungsdienstes zu verknüpfen. Nur so ließen sich Überlastungen verhindern, Patienten besser steuern und Kosten reduzieren.

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