DigiG und GDNG: Zwei Digital-Gesetze mit Potenzial

Im März 2023 präsentierte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Eckpunkte seiner Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitswesen. Ende Juli beziehungsweise Anfang August hat sein Ministerium nun zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die zu tragenden Säulen der Digitalisierung werden sollen. Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) regelt, wie die digitalisierte Versorgung in Zukunft aussehen soll und beinhaltet unter anderem Regelungen zur umfassenden Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA). Der Titel des Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG) spricht für sich selbst.

Der nötige Schub für die Digitalisierung

Nach Einschätzung des AOK Die AOK hat mit mehr als 20,9 Millionen Mitgliedern (Stand November 2021) als zweistärkste Kassenart… -Bundesverbandes können beide Gesetze die digitale Transformation des Gesundheitswesens und der Pflege Kann die häusliche Pflege nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf… tatsächlich beschleunigen und der Digitalisierung endlich den nötigen Schub geben. Der geplante Ausbau der elektronischen Patientenakte etwa könne wie „ein Katalysator wirken“ und biete einen „echten Mehrwert für Patienten und Ärzte“, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, anlässlich der Fachanhörung zum DigiG. Die Einführung des Opt-out-Verfahrens, wonach Versicherte der Nutzung der Akte aktiv widersprechen müssen, wenn sie diese nicht nutzen möchten, sei in Kombination mit dem geplanten vereinfachten Authentifizierungs-Verfahren für die ePA ein echter Fortschritt.

Durch die Vereinheitlichung des Zugangs zur E-Rezept-App über das ePA-Frontend werde der Ausbau der elektronischen Patientenakte zur zentralen Versichertenplattform weiter vorangetrieben. Dazu trage auch die Speicherung der elektronischen Patientenkurzakte und des Medikationsplans in der ePA bei. Gleichzeitig macht die AOK in ihrer Stellungnahme deutlich, dass ihr die Pläne noch nicht weit genug gehen: „Es wäre konsequent, diesen Ansatz auch auf die Notfalldaten auszuweiten. Die schon heute existierende Möglichkeit zur Speicherung auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) wird de facto kaum genutzt und sorgt für unnötige bürokratische Aufwände bei den Kassen.“ Auch das Problem eines einfachen initialen Zugangs der Versicherten zur ePA bleibe nach wie vor ungelöst. Die Doppelstruktur von eGK und PIN sollte deshalb nach Ansicht des AOK-Bundesverbandes vom neuen elektronischen Personalausweis abgelöst werden. „Ein einfaches Verfahren erleichtert den Zugang für die Versicherten und verhindert den unwirtschaftlichen Einsatz von Versichertengeldern“, so das Argument.

Die Ausweitung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGAs) auf Medizinprodukte Medizinprodukte sind Apparate, Instrumente, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder… höherer Risikoklassen lehnt die AOK ab. „Die Anwendung risikobehafteter DiGAs ohne Nutzennachweis gefährden die Patientensicherheit“, warnte Carola Reimann. Darüber hinaus habe sich die Erwartung, DiGAs könnten die Versorgung der Versicherten sinnvoll ergänzen und verbessern, abgesehen von einigen Ausnahmen bislang nicht erfüllt, konstatiert die Stellungnahme. „Mehr Versorgungsrelevanz würde dieser Leistungsbereich hingegen erlangen, wenn an den zentralen Rahmenbedingungen wie Markteintritt und Preisbildung entscheidend nachgebessert wird“. Stattdessen setze der Referentenentwurf weiter auf „Privilegierung der DiGAs“, auch zu Lasten der Patientensicherheit.

Ähnlich kritisch ist die AOK-Haltung hinsichtlich der unbefristeten Fortführung des Innovationsfonds Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz vom 16. Juli 2015 gibt dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) den… . „Der Innovationsausschuss hat seit seiner Einführung 2016 bis zur Jahresmitte 2023 Förderzusagen in Höhe von über 1,6 Milliarden Euro ausgesprochen. Trotz dieses hohen Betrags fallen die Auswirkungen auf die mit dem Fonds angestrebte qualitative Weiterentwicklung der GKV-Versorgung bisher eher überschaubar aus“, urteilt der Verband.

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In Kraft getreten: 20241 Min
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Bei der Gesundheitsdatennutzung hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher

Das zweite vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegt Digitalgesetz begrüßt der AOK-Bundesverband ebenfalls in weiten Teilen: Der Referentenentwurf zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GNDG) biete eine gute Grundlage, um die vorliegenden Gesundheitsdaten künftig noch systematischer und effektiver für die Verbesserung der Versorgung und für die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems zu nutzen. „Hier hinken wir im internationalen Vergleich hinterher“, kritisierte Verbandschefin Reimann. Die Stellungnahme zur Fachanhörung verweist insbesondere auf die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit, Daten aus dem Forschungsdatenzentrum und jenen aus den Krebsregistern miteinander zu verknüpfen. Die Studie zur Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren (WiZen) habe das Potenzial solcher Daten-Verknüpfungen bereits eindrucksvoll gezeigt.  Auch der Plan, den Krankenkassen Die 97 Krankenkassen (Stand: 26.01.22) in der gesetzlichen Krankenversicherung verteilen sich auf… die Nutzung von Daten ihrer Versicherten zur Gesundheitsförderung ist ein fortlaufender Prozess mit dem Ziel, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über… zu ermöglichen, wird vom AOK-Bundesverband ausdrücklich als „Mehrwert“ begrüßt.

Kritisch sieht die AOK etwa die geplante Vorab-Übermittlung ungeprüfter Daten aus der ambulanten Versorgung. „Dadurch würde der Zweck von Abrechnungsdaten, die primär der Leistungsabrechnung, Abrechnungsprüfung Die Landesverbände der Kranken- und Pflegekassen können zur Verhinderung von Abrechnungsbetrug in… und Vergütung Die Leistungserbringer im Gesundheitswesen werden nach unterschiedlichen Systemen vergütet. Die… dienen ad absurdum geführt.“ Reimann betonte aus Anlass der Fachanhörung zudem, dass die Nutzung sensibler Gesundheitsdaten einen klar definierten Rahmen brauche. Die Option, die Daten aus dem Forschungsdatenzentrum auf Antrag auch für kommerzielle Forschungsvorhaben zur Verfügung zu stellen, wie unter anderem vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) begrüßt wurde, lehnt die AOK ab: „Datenspenden für die kommerzielle Forschung genießen Umfragen zufolge nur eine geringe Zustimmung in der Bevölkerung. Durch die geplante Erweiterung des Kreises der Nutzerinnen und Nutzer könnte dadurch das Vertrauen in die Gesundheitsdigitalisierung unterminiert werden.“

In seiner Stellungnahme hinterfragt der AOK-Bundesverband auch die Erweiterung der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen des Bundesdatenschutzbeauftragten. Er soll künftig auch für die Datenschutz Der Datenschutz ist in der Sozialversicherung von besonderer Bedeutung, da ihre Träger auf eine… -Aufsicht Die Krankenversicherungsträger, ihre Landesverbände, der GKV-Spitzenverband, die… über die landesunmittelbaren Krankenkassen und die regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen zuständig sein. „Das Ergebnis der vorgeschlagenen Regelung würde zu einer Aufteilung der Aufsicht gegenüber den landesunmittelbaren Krankenkassen und den Kassenärztlichen Vereinigungen führen: Die Datenschutzaufsicht würde dann einer Bundesbehörde obliegen, während die allgemeine Aufsicht weiterhin beim jeweiligen Land liegen würde.“ Dies könne „Abstimmungsprobleme und Kompetenzgerangel“ verursachen, so AOK-Vorständin Reimann.

2 passende Downloads

  • Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes zum Referentenentwurf des GDNG

    Format: PDF | 256 KB

  • Stellungnahme des AOK-Bundesverbandes zum Referentenentwurf DigiG

    Format: PDF | 606 KB